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9. September 2011, 09:58 Wahlen 2011

Suchst du noch oder wohnst du schon?

students Redaktion - Zwei Wochen vor Semesterbeginn irren hunderte Studierende sichtlich nervös herum auf der Suche nach einer bezahlbaren Bleibe. Nach der 40. Absage beschleicht einen langsam, aber sicher das ungute Gefühl: Irgendetwas läuft arg schief auf dem Wohnungsmarkt. Nur wo steckt der Teufel?

Der Teufel in Person der AusländerInnen sei Schuld daran, weil sie den SchweizerInnen die wenigen Wohnungen wegschnappen - so die Antwort der SVP, die nicht nur fremdenfeindlich, sondern auch falsch ist. Nicht der deutsche Mitstudent oder die türkische Putzfrau, die sich für dieselbe Wohnung interessieren, sind das Problem. Sie sind nicht Konkurrenten, sondern ebenso Opfer des gierigen Kampfes um noch mehr Profit auf dem Wohnungsmarkt. Den Kräften des freien Marktes überlassen und ohne Interesse, günstigen Wohnraum anzubieten, maximieren ImmobilienbesitzerInnen auf dem Buckel der MieterInnen ihren Gewinn. Und das ist bei einer grossen Nachfrage, wie sie in Zürich herrscht, ein Kinderspiel: Die EigentümerInnen bauen entweder ihre ehemals bezahlbaren Wohnungen in Luxusschlösser zu horrenden Preisen um oder erhöhen nach Belieben die Mietzinsen. Schliesslich ist ein Dach über dem Kopf notwendig, koste es, was es wolle. Und das kostet bisweilen sehr viel: Ein Zimmer unter 500 Franken ist ein seltenes Schnäppchen, eine 10m2 kleine Kammer für 700 Franken Realität.

Die akute Wohnungsnot und die übertriebenen Preise zeigen eines klar auf: Wohnen darf nicht dem Markt und somit der Spekulation überlassen werden. Boden und Immobilien müssen der Renditemaximierung entzogen werden – nur so können bezahlbare Mieten für alle ermöglicht werden. Genossenschaften machen nämlich seit Jahren vor, dass es auch anders geht: Sie widersetzen sich erfolgreich dem gierigen Treiben der Immobilienhaie, indem sie nach dem Prinzip der Kostenmiete wirtschaften. Ihre Wohnungen sind der Spekulation entzogen, was bedeutet, dass die Miete nur den effektiven Kosten entspricht und massiv günstiger ist. Deshalb ist die Politik hier gefordert: Sie muss eine aktive Liegenschafts- und Bodenpolitik fordern. Die Stadt kann entweder selber bezahlbaren Wohnraum erstellen und anbieten oder gemeinnützige BauträgerInnen unterstützen, indem sie ihnen im Baurecht Land abgibt. Würde der jährliche Gewinn der ImmobilienbesitzerInnen in neue Genossenschafts-Wohnsiedlungen für Studierende investiert, gäbe es keine herumhetzende Studierende mehr auf der Suche nach einem neuen Nest.

Mattea Meyer, 1987, ist Vize-Präsidentin der JUSO Schweiz und Kantonsrätin im Kt. Zürich. Wenn sie nicht gerade Politik macht, studiert sie Geschichte und Geographie an der Universität Zürich und arbeitet als Anwaltsassistentin. Ihre freie Zeit geniesst sie in der Natur beim Joggen, in den Ferien, bei einem guten Glas Wein und Essen mit Freunden.

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Der students.ch Politblog zum Wahlherbst 2011

Kommentare
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Clamma
Clamma 07.10.2020 um 15:45
Wir beschäftigen uns in Deutschland intensiv mit Immobilienbewertungen (vgl. https://mainland-immobilien.de/immobilienbewertung/ ) und merken, dass der Markt ein wenig intransparent ist, wenn es um die Gestaltung der Immobilienverkaufspreise geht, die letztendlich zur Nutzung von Studenten-WGs genutzt werden. Die Preise richten sich nach der Wohnmarktsituation. Doch wenn ich dann sehe, dass eine Wohnung zum exakt gleichen (hohen) Preis verkauft wird wie die Nachbarwohnung, die größer und üppiger ausgestattet ist, dann fragt man sich, wie die Preise kalkuliert werden. Da herrscht auch ein wenig Intransparenz, wie Preise ermittelt werden. Viele werden wahrscheinlich nur auf den Preis achten.
martinneukom 10.09.2011 um 14:31
Das Problem auf dem Wohnungsmarkt ist nicht der Preis. Der hohe Preis ist nur ein Resultat des Mangels. Die Bevölkerung wächst offenbar schneller, als das Wohnungsangebot. Genossenschaftliches Bauen und Wohnen ermöglicht günstigen Wohnraum. Das ist sehr gut und muss gefördert werden. Aber es reicht nicht, um die Wohungsnot wirklich zu lösen.
Dafür braucht es eine gute und vorausschauende Raumplanung. Die Landschaft muss vor der Zersiedelung geschützt werden und die Städte müssen verdichtet werden. Die Politik muss hier die richtigen Anreize setzen.
Was es sicher nicht bringt, ist Zuwanderung zu verteufeln. Das sind wir uns einig.