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14. September 2011, 16:48 Kolumnen

SPIEGEL goes Wirtschaftsgymnasium / Teil 1

- Früher,als Schüler eines Wirtschaftsgymnasiums, stand ich mit einer Mischung aus Arroganz und Ignoranz dem Geschwafel meiner Lehrer gegenüber und las den Spiegel, als intellektuelles Gegengift.Heute erinnert mich ausgerechnet jenes Magazin an das nichtauszuhaltende Geblubber meiner ehemaligen Lehrer

Anfang der 90er, war das Magazin das Beste, was der deutsche Journalismus zu bieten hatte. Heute ist das Blatt leider nur noch ein Schatten seiner selbst. Es steckt im publizistischen Niedergang, und um diesen Niedergang aufzuzeigen, bediene ich mich einer etwas älteren Ausgabe mit dem Titel : „Plötzlich und erwartet – Nachruf auf eine gemeinsame Währung“.Hierbei wird auf pauschalisierende und plumpe Art und Weise über den Niedergang (?) der europäischen Währung geschrieben. An dem Leitartikel haben 8 (!) Redakteure vom Spiegel mitgewirkt, der über weite Strecken das Niveau von einem Aufsatz, eines durchschnittlichen Wirtschaftsgymnasiasten hat.

Keine Frage, die Euro-Krise ist hochgefährlich, die Einführung der Gemeinschaftswährung war möglicherweise ein Fehler, und die Politik agiert fragwürdig und konzeptlos. Die „Spiegel“-Kollegen schildern die Sache aber derartig holzschnittartig, dass es mir die Sprache verschlägt. Der Euro, so die große Botschaft, ist an allem Schuld, und ohne ihn stünde Deutschland blendend dar.So heißt es in der Geschichte direkt im dritten Absatz:

„Ohne Euro aber wäre die Verschuldung Griechenlands ein isoliertes Problem, hart für das Land, für Europa leicht zu verkraften. Nur durch den Euro sind die Athener Schulden das Problem aller Partner – und eine Gefahr für ihre gemeinsame Währung. Würden Sie Griechenland fallenlassen, könnte sich die Krise unkontrolliert von einem zum anderen schwachen Euro-Land ausbreiten.“

Auf die etwas seltsame Schlussfolgerung im zweiten Satz („Nur durch den Euro sind die Athener Schulden eine Gefahr für die gemeinsame Währung“) will ich gar nicht weiter eingehen. Mir geht es um das Bild, das hier von den Zusammenhängen auf den Finanzmärkten gezeichnet wird. Das ist schlicht falsch. Die Autoren tun so, als ob nur und ausschließlich durch den Euro eine Ansteckungsgefahr für andere Peripherie-Länder entstanden sei. Das ist eine schöne These – sie stimmt aber nicht.Die Währungsunion hat das Risiko wahrscheinlich erhöht, aber existiert hat es schon vorher.Ein schönes Beispiel dafür ist die Russland-Krise von 1998 – die Zahlungsunfähigkeit Moskaus führte dazu, dass Investoren über Nacht das Vertrauen in Schwellenländer verloren und nahezu weltweit Panik ausbrach.

Stanley Fisher, der damalige Vize IWF-Chef, beschrieb das 1999 wie folgt :

„From Russia, the crisis spread through a process of contagion to Latin America, and even to the financial markets of the United States, so that when the Annual Meetings of the IMF and the World Bank were held in October last year, there were many who feared we could be in the worst financial crisis of the post-World War II era. Fortunately — and also through good economic management, especially by the Fed — we seem to have averted that fate.“

Das Beispiel zeigt: Für grenzüberschreitende Panik braucht man keine gemeinsame Währung. Auch ohne Euro bestünde das Risiko, dass andere Peripherie-Länder durch einen Default destabilisiert werden. Nicht ohne Grund haben zum Beispiel die Briten die Entwicklung in Griechenland sehr genau verfolgt: Das der hochverschuldeten Insel auf den Finanzmärkten, dass gleiche Schicksal wie den Griechen drohen könnte, ist eine Hauptmotivation für den extremen Sparkurs der Cameron-Regierung.

Dieses Faktum hat der Spiegel aber komplett ignoriert, was aber auch verständlich ist, angesichts der ewigen Klugscheisserei.

Fortsetzung folgt...

Sakib Mehanovic

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