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1. April 2007, 00:00 Konzert

Review: Florian Ast @ Volkshaus

Christina Ruloff - Der Entertainer Florian Ast liefert im Volkshaus eine grossartige Performance, ohne Publikum zu erreichen. Als sich 21.20 Uhr der Vorhang im Volkshaus öffnet, steht Florian Ast mit dem Rücken zum Publikum. Seine Band beginnt – natürlich hervorragend – zu spielen, die Lich...

Der Entertainer Florian Ast liefert im Volkshaus eine grossartige Performance, ohne Publikum zu erreichen.

Als sich 21.20 Uhr der Vorhang im Volkshaus öffnet, steht Florian Ast mit dem Rücken zum Publikum. Seine Band beginnt – natürlich hervorragend – zu spielen, die Lichtshow funktioniert, das dezente Bühnenbild verstärkt den Effekt. Ast legt selbstverständlich mit Ke Blasse los; beim Refrain kehrt er sich unter lautem Gejubel der Menge endlich um, steigt auf ein Podest am linken Rand der Bühne und singt inbrünstig „Die einte möi mi, die angere chöi mi, chrüzwis“! Es ist ein klassischer Florian Ast Moment, wie es sie an diesem Abend noch zu Haufe geben wird, und er funktioniert grossartig. Der Einstieg hat geklappt. Die Menge liebt ihn, so wie er sich präsentiert.

Ast tänzelt in der Folge über die Bühne und stellt sich höflichst vor. Er sei Florian Ast und er würde an diesem Abend viele Zeichen für Handbewegungen, Wellen und Ähnliches geben und zwar „wills Sposs macht!“ Er teilt die Halle in der Mitte und beginnt sogleich den „Schibäwüscher“ mit dem Publikum zu üben – es klappt ganz gut. Dann kommt der nächste Streich, Ast singt schon als zweites einen Publikumshit, nämlich Füdlegwöhnlechi Schwizer und die Leute singen begeistert mit, erkennen sich, freuen sich zusammen mit ihm Füdlegwöhnlechi Schwizer zu sein. Es folgt ein weiteres Heimatlied, nämlich Heimat und dann Alte Maa, das Ast ironisch mit einer Anekdote einführt. Letzten Sommer habe er Erich von Däniken getroffen, einen weisen, alten Mann und sie hätten zusammen geredet. „Eigentlich hät nur är gred u i ha zueglost.“ Das Publikum lacht, Ast singt, zieht die Grimasse eines unzufriedenen alten Mannes, zündet sich eine Zigarette an und läuft im Gegenlicht als Schatten seiner selbst über die Bühne, rauchend, sinnierend und vor allem sehr, sehr selbstbewusst. Er singt Die alte schöne Lieder und erinnert sich, dass da unter den Schweizer Evergreens eigentlich auch ein paar Lieder von ihm dabei sind! Welche wird er wohl bringen? Jemand in der vordersten Reihe verlangt Sex und Ast entgegnet cool: „Jetzt? Vor allne uf der Bühni?“ – Schon wieder so ein Florian Ast - Moment! Und alle lachen.

Ast wird als sein texanischer Kumpel Billy auftreten, mit Cowboyhut und Westerngitarre, er wird als Billy Witze über den amerikanischen Präsidenten und Music Star reissen, die Show, die ihn abgelehnt habe! Er wird dies alles mit unverwechselbarem Charme, der grosszügigen Attitüde des perfekten Gastgebers und einem köstlich amerikanischen Akzent tun. Er wird während Ängu von seiner langjährigen Beziehung zum Publikum schwärmen, er wird Meitschi und Schöni Meitschi zum Besten geben. Er, der trotz all seinen Liedern kaum je „schöni Meitschi“ kriegt, wird im Saal nach Singles fahnden und begeistertes Kreischen ernten und er wird sich quer durch die erste Reihe Meitschi küssen. Er wird bis Sex zählen und einem hopsenden und nach Sex schreienden Publikum ihren Lieblingssong liefern. Und er wird sich artig bei seiner Band, seinem Management, bei der charmanten Vorgruppe Lockstoff und vor allem bei dir, dem Fan, bedanken. Nach gut 90 Minuten wird er ermattet von der Bühne marschieren, der Entertainer, der Showmaster, Florian Ast. Und das Publikum wird mit einem eher säuerlichen Gesicht nach Hause gehen.

Und das ist nicht die Schuld von Ast, der an diesem Abend wirklich alles minuziös geplant hat, und alle Zuschauerwünsche restlos, ja selbstlos erfüllt hat, sondern es ist das Problem eines Publikums, das gar nicht wirklich begeistert sein kann.

Ast selbst wirkte leicht enttäuscht und bemerkte, was für einen Star auf der Bühne nie ein gutes Zeichen ist, dass das Gekreisch in Basel besser gewesen sei und dass man mit diesem Publikum wirklich alles machen könne („Gluckst mal so!“ – Alle glucksen.).

Wer geht an ein Florian Ast-Konzert? Asts Publikum besteht ausnahmslos aus Schweizern: Schweizerinnen und Schweizern, Pärchen, Familien, Singles, Twens, Ehepaaren – alle zwischen dreizehn und fünfzig Jahren. Sie drängeln, schubsen und sogar bei Blueme schauen sie wie die deutsche Bundeskanzlerin aus der Wäsche und ärgern sich, wenn die Person vor ihnen begeistert mit den Armen schwenkt und sich freut.

Und dabei hat der Mann wirklich alles getan, was in seiner Macht lag, um zu gefallen: Er war, wie eine gestandene Frau hinter mir zufrieden kommentierte „wie än chline Bueb“, er machte des öftern eindeutig zweideutige Anspielungen für die vielen Herren und jungen Damen, er benahm sich „wie en geile Siech“, er machte den Komödianten, den Kabarettisten, den Star. Er machte alles, gewann alle. Und man fragte sich hinterher: „Wer ist eigentlich Florian Ast?

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