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27. September 2011, 01:41 Movie Zurich Film Festival

Little Birds @ Zurich Film Festival

Patrick Holenstein - Mit Little Birds läuft am ZFF ein liebevolles Coming-Of-Age-Movie, das nicht zuletzt dank einer eigentlich simplen Geschichte, die viele Fragen über Freundschaft aufwirft, überzeugen kann.

Lily und Alison sind das, was man beste Freundinnen nennt. In einer kleinen Stadt, irgendwo im kalifornischen Nirgendwo, schlagen sie die Zeit tot und träumen von einem besseren Leben. Besonders Lily hat das Leben mit ihrer alleinerziehenden Mutter satt. Eines Tages lernt sie den Skater Jesse kennen, der auf der Durchreise ist und sie nach Los Angeles einlädt. Erst zögert sie, wenig später beschliesst sie ihm zu folgen. Alison ist vom Plan wenig begeistert, aber viel zu loyal, um ihre Freundin im Stich zu lassen. Schnell wird ein Auto „ausgeliehen“ und schon sind die beiden jungen Frauen weg. Der Trip fäng harmlos an, stellt die Freundschaft allerdings schnell auf eine harte Probe.

Auf die Frage "Was ist an L.A. so toll?" gibt es für Lily nur eine richtige Antwort: "Es ist nicht hier!" Zum Teil schwingt in dieser Aussage Trotz mit, andererseits aber auch echte Resignation und seelisches Leiden. Lily (verkörpert von der talentierten Juno Temple, die zum Beispiel in Atonement zu sehen war) verletzt sich selbst, romantisiert Selbstmordphantasien und scheint generell nicht viel vom Leben zu halten. Sie verschliesst sich sofort, wenn es jemand gut mit ihr meint. Nähe lässt sie einzig von Alison zu. Alison (gespielt von Kay Panabaker, die zum Cast der Fame-Neuverfilmung gehörte) ist in vielen Punkten das pure Gegenteil. Sie ist weit weniger hedonistisch, denkt, bevor sie handelt und fühlt sich in der Kleinstadtidylle eigentlich ziemlich wohl. Die Gegensätze zwischen den Freundinnen sind es, die der Geschichte ihren Reiz geben.

Der Film spielt aber auch mit philosophischen Fragen. Bis an welchen Punkt darf eine Freundschaft gehen? Wo hört Loyalität auf? Wie viel muss man sich gefallen lassen? Wirklich neu sind diese Fragen natürlich nicht. Aber diesen Anspruch erhebt der Film zu keinem Zeitpunkt. Der amerikanische Regisseur Elgin James will mit seinem ersten Spielfilm einzig eine glaubhafte und sehr ehrliche Geschichte erzählen. Dies gelingt ihm, weil sämtliche Figuren nie wie Klischees wirken, sondern eher wie Menschen, die einem so überall auf der Welt begegnen könnten. Lily und Alison scheinen nicht altklug, sondern handeln oft unüberlegt und darum plausibel. Auch wenn man gelegentlich nur den Kopf schütteln kann, wirkt kein Storytwist unglaubwürdig.

Dazu kommen fein komponierte Bilder von der kalifornischen Einöde und dem diese kontrastierenden Los Angeles sowie ein Soundtrack voller sensibler, ruhiger und passender Songs. Wenn beispielsweise Tift Merritt zum Schluss die „Little Birds“ mit dem gleichnamigen Song in die Credits entlässt, wirkt ihre Stimme tröstend und ermutigend. Das passt wiederum zu den kleinen Gesten im Film. So wird ein Plastikring, mit dem normalerweise Six-Packs gebündelt werden, zu einem wertvollen Armreif, weil sich Alison und Lily dadurch verbunden fühlen. Der Film ist ein packendes Plädoyer für Freundschaft, für die Wertschätzung der eigenen Lebensumstände und was fast noch wichtiger ist, für das eigene Selbstbewusstsein.

Little Birds läuft im internationalen Spielfilmwettbewerb.

Der Film wird das letzte Mal am 28.09. um 17:15 Uhr im Corso 2 gezeigt.

Kommentare
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dollarhyde 27.09.2011 um 13:02
Elgin James, der Regisseur, hat übrigens eine extrem interessante Biographie:
http://de.wikipedia.org/wiki/Elgin_James