Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

11. Januar 2012, 11:46 Kultur Movie

Kino: Die Höhle der vergessenen Träume

Gregor Schenker - Der legendäre Regisseur Werner Herzog erhielt die Erlaubnis, die ältesten Höhlenmalereien der Welt zu filmen. Seine 3-D-Dokumentation demonstriert die hochentwickelte Kunstfertigkeit der Steinzeitmenschen und versetzt sich in ihre Welt.

1994 stiess man in Südfrankreich per Zufall auf die Chauvet-Höhle, die vor Abertausenden von Jahren bei einem Steinschlag hermetisch versiegelt wurde. In ihrem Inneren fand man Höhlenmalereien, die teilweise vor mehr als 30'000 Jahren entstanden, also die ältesten ihrer Art sind. Nichtsdestotrotz sind sie perfekt erhalten: Die Farben sind so frisch, als wären sie gestern aufgetragen worden; selbst der Russ der Fackeln klebt noch an den steinernen Wänden. Der Wert dieses Kulturschatzes ist unermesslich.

Um die Malereien vor äusseren Einflüssen zu schützen, erhalten nur wenige Forscher Zugang zu ihnen. Und eben Werner Herzog, der den Auftrag erhielt, sie auf Film zu bannen. Entstanden ist eine Dokumentation, die nicht nur die steinzeitlichen Kunstwerke in all ihrer Schönheit abbildet, sondern auch versucht, der Lebenswelt der damaligen Menschen nachzuspüren. Verschiedene Experten kommen zu Wort und erklären nicht nur die Kunstfertigkeit der Höhlenmaler und die mögliche Bedeutung ihrer Bilder, sondern schildern auch steinzeitliche Jagdtechniken oder erzählen von der Tierwelt der Eiszeit.

Herzog gehört zu den berühmtesten Vertretern des deutschen Nachkriegskinos und ist mit dem Aufstieg des Neuen Deutschen Films bekannt geworden. Seine Zusammenarbeit mit Klaus Kinski hat Meisterwerke der Filmgeschichte wie Aguirre – Der Zorn Gottes oder Fitzcarraldo hervorgebracht und in den letzten Jahren machte der Kultregisseure mit amerikanischen Filmen wie Rescue Dawn oder dem Bad Lieutenant-Remake mit Nicolas Cage auf sich aufmerksam.

Während seine Spielfilme oftmals dokumentarische Tendenzen aufweisen, verfolgt er in seinen zahlreichen Dokumentarfilmen meist eine deutlich nicht-sachliche Herangehensweise. Auch Die Höhle der vergessenen Träume ist geprägt von Herzogs Hang zu Pathos und Mystik: Bereits in der ersten Einstellung erhebt sich die Kamera in die Lüfte und schwebt auf die Felswand zu, in der sich die Chauvet-Höhle verbirgt, während ein Chor sphärische Klänge singt.
Diese sakrale Stimmung zieht sich durch den gesamten Film (ohne je im Kitsch zu landen) und macht auch durchaus Sinn: Der Vorstellungswelt der Höhlenmaler ist mit kühler Rationalität kaum beizukommen, man muss sich ebenfalls in eine mystische Geisteshaltung versetzen, um ihnen gerecht zu werden. Mit starkem Akzent denkt Herzog über die Gedanken und Träume der Urmenschen nach, stellt Überlegungen zur Natur der Kunst als menschliche Konstante an. Und er zeigt uns auch die Wissenschaftler, die die Höhle untersuchen, als Menschen mit ihren Wünschen und Hoffnungen.

Unbestreitbar eine gute Idee war es, die Höhlenmalereien mittels 3-D-Technologie wiederzugeben. Schliesslich haben die steinzeitlichen Maler durchaus mit den unebenen Oberflächen der Höhle gespielt und Einbuchtungen oder herabhängende Stalaktiten in ihr Werk integriert.
Die technische Umsetzung lässt aufgrund der schwierigen Umständen des Drehs mitunter zu wünschen übrig. Dort, wo das Verfahren klappt, bietet der Film jedoch visuelle Eindrücke, die einem die Schönheit der Kunstwerke auf unvergleichliche Art und Weise nahe bringen.


Hier geht es zum grossen Interview mit Regisseur Werner Herzog.


Bewertung: 4 von 5


  • Titel: Cave of Forgotten Dreams
  • Land: USA
  • Regie: Werner Herzog
  • Verleih: Ascot Elite
  • Start: 12. Januar 2012
Bilder von Ascot Elite
Kommentare
Login oder Registrieren