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13. Januar 2012, 17:40 Kultur Movie

Kino: The Girl With The Dragon Tattoo

Patrick Holenstein - Bei The Girl With The Dragon Tattoo, dem neuen Film von David Fincher, war klar, dass er sich am schwedischen Pendant würde messen müssen. Der amerikanische Kult-Regisseur inszenierte jedoch einen Film, der sich vor keinem Vergleich verstecken muss.

Die Bücher der Millennium-Trilogie des Schweden Stieg Larsson sind voller Tabubrüche. Der 2004 verstorbene Autor zeichnet ein düsteres Schweden, lässt seine oft promisken Protagonisten morden, ehebrechen und vor allem leiden. Er leitet seine Helden durch ein brutales und mit deftigen Sexszenen gespicktes Szenario. Der Fokus liegt dabei auf der Beziehung zwischen der verkorksten Cyber-Punkerin Lisbeth Salander und dem in die Jahre gekommenen Journalisten Mikael Blomkvist. Eigentlich genau der Stoff aus dem David Finchers cineastische Träume gemacht sind. Der Kultregisseur, der moderne Klassiker wie Seven, The Game oder Fight Club geschaffen hat, ist Experte für die filmischen Abgründe der menschlichen Psyche. Er war jedoch überzeugt, dass kein Studio den Stoff produzieren würde. 20 Millionen verkaufte Bücher später hatte das Projekt grünes Licht.

Mikael Blomkvist (Daniel Craig) ist Journalist und Herausgeber der unabhängigen Zeitschrift Millennium. Am Weihnachtsabend ruft ihn der Anwalt von Henrik Vanger (Christopher Plummer) an. Der Patriarch einer Industriedynastie möchte ihn persönlich treffen. Blomkvist weiss nicht, dass Vanger bereits seine Vergangenheit durchleuchten liess, bevor er kontaktiert wurde. Lisbeth Salander (Rooney Mara), die den Recherchejob gemacht hat, gehört zu den Topleuten ihres Fachs. Widerwillig lässt sich der Journalist zu einem Treffen überreden und begegnet einem alten Mann, der wissen will, was mit seiner vor Jahrzehnten verschwundenen Enkelin geschehen ist. Blomkvist willigt ein. Bald erkennt er, wie tief die Abgründe in der Familie Vanger sind. Er braucht Unterstützung bei der Recherche. Hier kommt Lisbeth Salander ins Spiel.

Als bekannt wurde, dass David Fincher die Millennium-Trilogie neu verfilmen würde, donnerte es in der Blogosphäre. Kritisiert wurde, dass die Leistung von Noomi Rapace, die in der schwedischen Verfilmung die Hackerin Lisbeth verkörperte, unerreichbar sei. Die Achillesferse von Finchers Film sollte also die Besetzung der Schauspielerin für die Rolle der Lisbeth Salander sein. Die Wahl fiel schliesslich auf die weitestgehend unbekannten Rooney Mara. Auch wenn sie sich redlich bemüht und sich sogar die Brustwarzen für den Film piercen liess - wie sie in Interviews gern betont -, an Noomi Rapace kommt sie nicht heran. Die komplexe Lisbeth zu spielen ist eine Herausforderung. Dafür macht Mara ihre Sache richtig gut. Gelegentlich wirkt sie zwar wie ein trotziger Teenager, aber das mag ihre Interpretation der Figur sein. In jenen Momenten sind die Unterschiede zwischen den beiden Schauspielerinnen allerdings deutlich. Rapace spielt Lisbeth kühl, aber intelligent agierend, resignierend und teilnahmslos, aber doch voller Wut, die in der Figur brodelt und nur gelegentlich aufblitzt. Diese geniale Diskrepanz erreicht Mara nicht.

Daniel Craig hingegen hat leichtes Spiel. Den charmanten Schwerenöter kauft man ihm sofort ab. Aber es gibt einen weiteren wichtigen Darsteller: Schweden. Es war eine gute Entscheidung, die Geschichte nicht aus der skandinavischen Landschaft zu reissen und nach Amerika zu verfrachten. So nutzt der Film Schweden gleich als Stilmittel und nutzt Bilder der rauen Natur, um den moralischen Zerfall zu symbolisieren, der in der Familie Vanger geschieht. Ähnlich geschickt werden Licht und Farbe eingesetzt. Oft sind es unreine Mischfarben wie Beige, ein rostiges Gelb oder Creme, welche die gesellschaftliche Verschmutzung verdeutlichen. Einzig die Millenniumredaktion wird in unschuldigem Weiss inszeniert. Als politisches Statement kann das nicht verstanden werden, dazu wird zu wenig klar, dass die Zeitung – wie im Buch beschrieben - einen revolutionären Charakter besitzt. Für den Verlauf der Geschichte ist das nicht wichtig, aber ansonsten orientiert sich der Film dicht an der literarischen Vorlage. Einzig beim Ende erlaubt sich Fincher ein kleines bisschen künstlerische Freiheit. Sei ihm erlaubt, denn es funktioniert und ansonsten macht er alles richtig.

The Girl With The Dragon Tattoo ist ein spannender Thriller, der selbst dann Spass macht, wenn man die Bücher oder die schwedischen Filme kennt. Von der Musik über die brillanten Bilder, den perfekten Schnitt, die dezenten Effekte, die ideal gecasteten Schauspieler bis zu den Kameraeinstellungen ist alles auf hohem Niveau. David Fincher hat sich an den Büchern orientiert und nicht den Fehler gemacht, ein Remake der Verfilmung zu drehen, dadurch gelingt ihm ein eigenständiger und sehr spannender Film.

Bewertung: 5 von 5

  • Titel: The Girl With The Dragon Tattoo
  • Land: USA
  • Regie: David Fincher
  • Darsteller: Rooney Mara, Daniel Craig, Christopher Plummer
  • Verleih: Walt Disney Studios Schweiz
  • Start: 12. Januar 2012
Kommentare
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Argosasas
Argosasas 19.01.2012 um 20:25
Sehr lesenswert. Kurz und knapp auf den Punkt gebracht. Ich musste auch sehr lachen. Wer aber weder das Buch noch die Filme kennt: Vorsicht Spoiler.
dollarhyde 19.01.2012 um 19:50
Ich habe den Film zwar nicht gesehen, aber hierüber musste ich sehr lachen:

http://www.cracked.com/article_19671_the-girl-with-dragon-tattoo-in-under-5-minutes.html
Logitechmaus3 18.01.2012 um 11:38
crazi movi...