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8. März 2012, 20:41 Konzert Music

Wilco zeigten sich wandelbar

Patrick Holenstein - Wilco sind eine Band aus Chicago, die regelmässig die besten Kritiken bekommen und bei denen Fans das Schwärmen kaum verhindern können. Gestern spielten sie wieder einmal in Zürich und haben während gut zwei Stunden mit Qualität überzeugt.

Pünktlich um 20:15 wurde das Hintergrundbild der Bühne, das optisch wie verknitterter Karton wirkte, in tiefseeblau getaucht, die verkehrt von der Decke hängenden Lampenschirme flackerten scheu und eine noch scheuere Band betrat die Bühne. Wilco starteten mit einer umwerfend guten Version von «One Sunday Morning» ins Set. Von Beginn weg agierten sie mit sehr viel Gespür für Dynamik und zeigten während der gut zehnminütigen Eingangssequenz wieso sie als technisch sehr versiert gelten. Aber Wilco können auch anders. Mit «Art Of Almost» bauten sie gleich danach eine mächtige Elektrowand auf. Etwas erstaunt war man im ersten Moment schon, denn so brachiale Töne war man von Wilco bisher nicht gewohnt. Macht aber nichts, denn das so entstehende Spiel mit den Gegensätzen funktionierte prächtig.

Wilco, die Band aus Chicago, und besonders ihr Frontmann Jeff Tweedy sind sicher nicht als gesprächige Zeitgenossen bekannt. So dauerte es fast eine Stunde, bis Tweedy ein kaum hörbares «It’s good to be back» in sein Mikro hauchte. Nun gut, man geht auch nicht auf ein Konzert von Wilco, um Tweedy sprechen zu hören. Der soll singen. Das kann er nämlich. Sobald er in Zürich zu singen begann, war Ruhe im Saal. Man lauschte seinen lyrischen Erzählungen und wiegte mit der anfänglich sanften Musik oder feierte bei den härteren Klängen, die immer wieder auf die alternative Ader von Wilco hinwiesen.

So sicher die Band ihre Instrumente beherrscht, so gerne verliert sie sich auch in ausufernden Soli und Instrumentalparts. Wilco haben eigentlich die Klasse, um die Struktur ihre Lieder so geschickt zu brechen, dass oft im richtigen Moment, kurz bevor ein instrumentaler Teil langweilig zu werden droht, ein Element, eine Gitarre vielleicht, genügt, um die Spannung wieder zu steigern. Und doch gelang es ihnen nicht ganz, Längen zu vermeiden. Im Mittelteil des Sets klangen einige Songs schon sehr ähnlich und das Publikum wurde zwei, dreimal sehr unruhig.

Als Ganzes betrachtet, waren Wilco einmal mehr Klasse. Jedes Solo sass, jeder Schlag auf die Drums traf, jedes Zupfen am Bass stimmte und auch Jeff Tweedys Gesang hielt stabil den Erwartungen stand. Das Set war abwechslungsreich, die Songs über weite Strecken unterschiedlich, die Instrumente reichten von Keyboard und Steel Guitar bis zur Doppelhalsgitarre. Wilco fuhren schwere Geschütze auf und brillierten mit ihrer musikalischen Qualität. Einzig Frontmann Jeff Tweedy hätte das eine oder andere Wort mehr sagen dürfen als alle halbe Stunde ein scheues «its Good to be back», aber als gesprächig galt er ja wie bereits betont noch nie. Im nicht ganz ausverkauften Volkshaus haben Wilco in über zwei Stunden auch ohne viele Worte überzeugt.

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