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26. März 2012, 00:00 Music Interview

«Es braucht viel, bis wir unsere Seele verkaufen»

Patrick Holenstein - Schwellheim sind eine munterer Truppe aus Basel, die mit Reggae und Dancehall begeistert - auch am M4Music. Im Students-Interview erzählten Daniel und Yves von Schwellheim vom aufwändigen Clipdreh und nannten uns den Preis für ihre Seele.

Wer sich am diesjährigen M4Music nach Neuentdeckungen umgesehen hat, wird an Schwellheim nicht vorbeigekommen sein. Ihr bestechender Mix aus Reggae, Dancehall und der einen oder anderen Filmmelodie, die sie geschickt in ihre Songs verweben, hat für Stimmung beim Gig in der Box gesorgt. Wegen Students hätten sie beinahe noch ihren Auftritt verpasst. Bis knapp fünf Minuten vorher plauderten Yves Sutter und Daniel Koller nämlich noch mit uns.

Schwellheim ist ein anderer Name für Allschwil. Aber ein alter Name ist es offenbar nicht. Was wisst ihr darüber?

Yves: Ein früherer Bekannter meines Bruders, der Geschichte studiert hat, meinte, es komme davon, dass Allschwil quasi direkt an der Schwelle vom Elsass in die Schweiz sei. Darum hat man das als Schwellheim betitelt.

Daniel: Es ist ja so, dass sehr viele Gemeinden einen zweiten Namen haben. Darunter sind auch Namen, die total vom richtigen Namen abgehoben sind. Bei uns ist es zudem an der Allschwiler Fasnacht immer wieder ein Thema. Ich glaube, dadurch wurde es immer wieder aufgelebt. Schwellheim kennen einfach viele in der Region. Wenn wir an der DMS (Schule für Fachmaturität, Anm. d. Red.) in Basel jeweils ein paar Allschwiler waren, hiess es gleich „Ah d Schwellemer». Es ist also ein allseits bekannter Name.

Wie ist die Band Schwellheim eigentlich entstanden?

Daniel: Es ist immer schwierig, den Namen für eine Band zu finden. Wir haben das als Band diskutiert, damals waren wir noch sieben oder acht Leute, und ziemlich schnell hat unser Gitarrist gemeint, wieso wir nicht einfach Schwellheim nehmen, da wir alle aus Allschwil stammen. Wir fanden dann, dass der Name eigentlich schon reserviert und vorbehaftet sei.

Meinst du damit die Allschwil Posse oder worauf spielst du an?

Daniel: Nein, eher darauf, dass ja die Gemeinde schon Schwellheim heisst. Also haben wir lange weitergesucht und sind dann doch zum Ergebnis gekommen, dass wir keinen besseren Namen finden. Etwas Spezielles hat es ja schon. Es klingt, als gäbe es diesen Ort wirklich, aber man kennt ihn nicht und du findest nichts dazu. Du kannst im Internet nach Schwellheim suchen und findest so gut wie nichts. Dieser Punkt gibt dem Namen etwas Geheimnisvolles und durch das Heim bekommt der Name auch etwas Heimeliges.

Wer ist denn der Filmfan in der Band?

Daniel: Ich bin schon ein grosser Filmfan.

Ich frage nur, weil der Clip zu «Tanzschuhe» voller Anspielungen ist. «The Dukes Of Hazzard» inklusive «These Boots Are Made For Walking» von Nancy Sinatra ist nur eine davon.

Daniel: Ich war sehr stark an der Produktion beteiligt. Natürlich auch die restlichen Jungs von Schwellheim, aber ich war von A bis Z immer wieder mit dem Produktionsteam dran. Lustig ist, dass uns viele mit Seeed vergleichen, wenn sie den Clip sehen. Seeed haben ja mit «Dancehall Caballeros» auch ein Video mit Cowboys gemacht. Wir sehen zwar, woher der Vergleich kommt, aber eigentlich geht es uns um etwas anderes. Natürlich sind die Anspielungen an die Filme total offensichtlich, aber wir haben es nie kommuniziert.

Ihr habt eingangs ja sogar ein Gitarrenriff, dass an «These Boots Are Made For Walking» angelehnt ist.

Daniel: Genau. Auch vom Song her, was die Thematik angeht. Schuhe sind ja zum Laufen, aber wir haben gedacht, dass Schuhe zum Tanzen sind. Es ist sehr stark daran angelehnt und wir verstecken das nicht; das Lustige ist aber, dass es viele gar nicht merken.

Wie lange habt ihr gedreht?

Daniel: Im Endeffekt waren es drei Tage. Einen sehr intensiven, bei dem alle Tänzer dabei waren. Da haben wir im Zic Zac in Allschwil gedreht. Die anderen waren weniger intensiv. Insgesamt haben wir einige Zeit benötigt, weil wir Probleme mit der Darstellerin hatten, die im Intro und der Autowaschszene dabei ist. Sie konnte nicht und hatte dazu noch einen tragischen Fall in der Familie, also mussten wir immer weiter schieben. Aber wir wollten unbedingt sie im Clip haben. Schlussendlich haben wir drei Tage gedreht und nochmals ungefähr einen Monat für die Schneidearbeit gebraucht. Das hat damit zu tun, dass alle Leute, die geschnitten haben, eigentlich das gesamte Produktionsteam, nebenbei noch arbeitet und uns unentgeltlich unterstützt hat. Einfach, weil sie das Projekt super fanden. Ohne sie wäre es rein finanziell nicht möglich gewesen.

Wieso wolltet ihr unbedingt diese eine Darstellerin?

Yves: Weil sie der Hauptdarstellerin des Originalclips, also Jessica Simpson, sehr ähnlich sieht.

Daniel: Sie war mit uns an der DMS und sie war so ziemlich die Einzige, von der wir dachten, dass sie nahe genug am Original ist. Darum musste es unbedingt sie sein. Dadurch, dass wir die erste Szene schon am Anfang gedreht haben, war eh klar, dass sie auch nachher dabei sein musste.

Sind denn die anderen Leute im Clip auch Freunde von euch oder habt ihr gecastet?

Yves: Die Tänzerinnen sind gecastet. Wir hatten eine Person für die Choreografie angestellt, Flavia Regina Schweizer, und sie hat gemeinsam mit uns die Tänzerinnen ausgesucht, hat die Choreo gemacht und die Tänzerinnen auch gecoacht.

Daniel: Genau, sie hat im Clip selber auch mitgespielt, aber sie hat auch eine riesige Arbeit geleistet, indem sie darauf geachtet hat, wer wo und wann stehen muss. Ohne sie wäre es wohl nochmals einiges schwieriger geworden.

Yves: Sonst sind die Darsteller von Hauptdrehort alles Kollegen von uns, die freiwillig mitgemacht haben.

Daniel: Auch die Leute vom Produktionsteam kennen wir schon länger und es sind alles Kollegen, die zum Teil auch unsere Konzerte fotografieren oder ab und zu bei Auftritten filmen.

Ihr habt erst die zweite Platte aufgenommen, steht im Moment aber heftig in den Startlöchern. Wie verändert sich euer Leben gerade?

Yves: Es ist so, dass wir im gerade im Moment viel am Wochenende unterwegs sind, Gigs spielen, wie heute am M4Music, die etwas etablierter sind, aber auch Konzerte in kleineren Orten geben, wo uns die Leute noch nicht so kennen. Ich würde sagen, das Leben hat sich nicht so gross geändert, aber im Moment sind wir sehr viel unterwegs und das spürt man in der Band. Man merkt, dass innerhalb der Band ein neuer Prozess entsteht, weil wir oft zusammen sind. Früher haben wir viel in Basel und Umgebung gespielt und jetzt sind wir auch ausserhalb unterwegs. Das gibt uns eine ganz neue Energie.

Daniel: Es ist zudem ein wenig wie ein Neuanfang. In der Region Basel kennt man uns inzwischen recht gut. Wenn wir in einer grossen Halle spielen wie dem Volkshaus oder der Kaserne, dann ist die proppenvoll und die Leute gehen ab. Wenn wir auswärts spielen, müssen wir uns schon etwas zurücknehmen und damit rechnen, dass die Halle nicht gefüllt ist. Dass wir nicht die gleiche Gage bekommen und solche Dinge. Aber das ist ein neuer Lernprozess, der hilft, etwas runterzukommen. Wir merken, dass man immer am Ball bleiben, kämpfen und Präsenz zeigen muss.

Ihr schreibt die Texte für Schwellheim. Woher nehmt ihr die Inspiration?

Yves: Ich glaube, die Inspiration nehmen wir von unserem Alltag. Von den Dingen, die wir erleben, von den Sachen, die wir bei anderen sehen oder von unseren Bekannten, Freunden und Familien mitbekommen.

Daniel: Und auch durch das Hören von Musik. Wir hören auch privat Reggae und Dancehall, aber auch andere Musik und so nimmt man auch Einflüsse auf. Vielleicht hörst du plötzlich jemanden über ein Thema singen und denkst: Dazu habe ich auch etwas zu sagen. Schlussendlich sind es verschiedene Quellen. Wir werden immer wieder gefragt, wie denn Songs entstehen. Es ist nicht so einfach zu erklären. Meist haben wir schon einen Rhythm mit der Band oder wir nehmen einen schon bestehenden Rhythm, wie es im Reggae halt so üblich ist, damit wir schon eine Melodie dazu singen können, wenn wir mit der Band einspielen oder etwas entsteht gleich mit der Band zusammen. Zum Teil kann es lange dauern, bis du ein Thema hast, aber es kann auch sehr schnell gehen und es passt.

Im Titelsong zu «Dini Seel» greift ihr den oft zitierten Pakt mit dem Teufel auf. Für welchen Preis würdet ihr denn eure Seele verkaufen?

Yves: Uhhh, das ist eine gute Frage. Ich glaube, ich würde meine Seele nicht für etwas Materielles hergeben. Vielleicht für Glück bis ans Ende des Lebens.

Daniel: Ich könnte mir vorstellen, dass es dabei um die Lieben gehen muss, um die Menschen, die man gern hat. Wenn denen etwas Schlimmes angedroht werden würde und man müsste irgendwelche Dinge in die Wege leiten, für die man seine Seele verkaufen müsste. Das ist das Einzige, was ich mir vorstellen könnte. Aber das ist so weit weg und nicht realistisch. Ich glaube, wir haben diesen Punkt angesprochen, weil es immer wieder ein Thema ist, wenn man bekannt werden will, wenn man ins Fernsehen oder ins Radio geht, dass von Leuten der Vorwurf kommt, man würde seine Seele verkaufen. Es heisst immer wieder, man dürfe sich nicht verkaufen. Ich finde es heikel, weil solche Aussagen immer nur von anderen Leuten kommen. So lange man Spass an dem hat, was man tut, ist es für mich kein Verkaufen. Wenn wir zum Beispiel einen poppigeren Song schreiben würden, finde ich, auch wenn wir eigentlich Reggae machen, wäre das kein Verkaufen, so lange wir es gerne machen und wir dahinter stehen können. Es bräuchte also wirklich sehr viel, bis wir unsere Seele verkaufen würden.

Dann vielen Dank, dass ihr euch Zeit genommen habt, und viel Spass auf der Bühne.

Tanzschuhe - Schwellheim




Mehr Informationen zu Schwellheim gibt es auf der Website der Band.
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