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17. April 2007, 00:00 Movie

Away From Her

Christina Ruloff - In Sarah Polleys grossem Regiedebüt spielen Julie Christie und Gordon Pinsent ein Ehepaar, das abrupt von Alzheimer auseinandergerissen wird. Unsentimental, einfühlsam und grossartig. Zusammen wollten sie alt werden: Julie Christie und Gordon Pinsent schauen in die Zukunft.Zwei...

In Sarah Polleys grossem Regiedebüt spielen Julie Christie und Gordon Pinsent ein Ehepaar, das abrupt von Alzheimer auseinandergerissen wird. Unsentimental, einfühlsam und grossartig.

Zusammen wollten sie alt werden: Julie Christie und Gordon Pinsent schauen in die Zukunft.

Zwei Langlaufspuren im winterlichen Abendblau in Ontario, Kanada. Manchmal trennen sich die Wege, manchmal für längere Partien, aber am Ende finden sie immer wieder zusammen. So ist es Fiona (Julie Christie) und Grant (Gordon Pinsent) gegangen, in ihren 44 Jahren Ehe. Gemeinsam schauen sich die Langläufer den Sonnenuntergang an und sind ganz zufrieden, zufrieden miteinander. Da stellt Fiona nach dem Abwasch die Pfanne in den Tiefkühler und plötzlich ist dieses Unbehangen im Raum, dieses Fremde im Vertrauten, im Geliebten – ein Riss im Leben. „I think I’m just losing my mind“, stellt lapidar Fiona fest.

Der Anfang vom Ende: Die Verbindung zwischen Fiona und Grant löst sich langsam auf.

Da ist genau das, was passiert. Alzheimer lautet der Name der grausamen Krankheit, die unbarmherzig Stück für Stück von Fionas Gedächtnis, ihrer Erinnerungen verschwinden lässt, und schliesslich ihre Persönlichkeit vernichtet. Am Anfang liest Fiona noch Bücher über die Krankheit, sie will wissen, was mit ihr geschehen wird; sie macht Witze und sie bemerkt, wie herrlich das Vergessen sein kann – wenn man nur auswählen könnte, was man vergisst. Sie klebt ihre Küche mit Post-it-Zetteln voll um sich zu orientieren. Aber dann, als sie beim Langlaufen nicht mehr nach Hause findet, ist der Gang in ein Heim unumgänglich. Grant darf seine Frau seine Frau einen Monat lang nicht besuchen, damit sie sich eingewöhnen kann. Doch als er sie wiedersieht, erkennt sie ihn kaum und hat alles Interesse an ihm und an der gemeinsamen Vergangenheit verloren. Sie verbringt ihre Zeit mit dem Mitbewohner Aubrey (Michael Murphy).

'He doesn't confuse me!' Fiona und ihr neuer Freund Aubery.

„Away from her, I never wanted to be“, erklärt Gordon Pinsent einer Krankenschwester. Genau darum geht es der Schauspielerin Sarah Polley (Don’t come knockin’, The secret Life of Words) in ihrer ersten grossen und grossartigen Regiearbeit. Sie beschreibt subtil, einfühlsam und doch messerscharf eine Beziehung zweier aufeinander abgestimmter Menschen, die wirklich etwas Wertvolles zusammen haben, und die abrupt und brutal auseinandergerissen werden, ohne dass irgendjemand etwas dagegen tun könnte. Nicht die Krankheit steht im Zentrum, sondern die Menschen dahinter, ihre nicht immer glücklichen Erinnerungen, ihr Leid und ihre Liebe. Polley beobachtet den Prozess des Loslassens und fängt die eigentlich alltägliche Geschichte in stimmungsvollen und wunderbaren Bildern ein. Das Bild, die Einstellung zeigt, untermalt, schafft Bedeutung und ist nie beliebig.

Natürlich lebt Away from her von zwei grandiosen Schauspielern und einem hervorragenden Ensemble. Niemand lässt sich zu einer gewollten Parade-Performance hinreissen, die die üblichen Krankheits-Problem-Filme so unerträglich machen. Julie Christie war wohl nie so schön und Gordon Pinsent gibt mit seiner Verzweiflung, seiner Eifersucht und seiner Wut für einmal ein Bild von dem was man im Allgemeinen unter „menschlich“ versteht. Und wer je schon in einem Alters- oder Pflegeheim Zeit zugebracht hat, wird das fröhlich-gnadenlos Regime dieser Anstalten sofort wieder erkennen.

Mit Away From Her gibt Sarah Polley ein herausragendes, ihrer ganz und gar würdiges Regiedebüt.

Bewertung: 5 von 5

Verzweiflung, Wut und Schuldgefühl sind alles was Grant bleibt. Wie kann er Fiona noch erreichen?

Originaltitel: Away From Her

Land: CN

Genre: Drama

Dauer: 110 Minuten

Regie: Sarah Polley

Darsteller: Julie Christie, Gordon Pinsent, Olympia Dukakis, Kristen Thomson, Michael Murphy, Wendy Crewson

Verleih: Ascot Elite

Kinostart: 19.4.2007

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