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5. August 2012, 15:20 Konzert Kultur Music

Stella Orfeo – Hommage an die Kraft des Gesangs

Annekatrin Kaps - Mit einer Tribologie aus Monteverdis „L`Orfeo“, einer getanzten Uraufführung der Compagnia Aterballetto und Werner Henzes „Orpheus behind the Wire“ setzte STIMMEN einen fulminanten Schlusspunkt zum Festivalende.

Die grünen Hügel, das guterhaltene Amphitheater und die ihm gegenüber gelegene, steinerne Treppe lassen erahnen, wie es vor gut zweitausend Jahren hier ausgesehen haben könnte. Etwas so lang währt auch der Mythos von Orpheus, der seine Geliebte nicht den Todesmächten überlassen wollte und versuchte, sie mit der Kraft seines Gesanges zu retten.

In Augusta Raurica wird die faszinierende Geschichte gleich dreimal erzählt, den Anfang machten dabei die Basler Madrigalisten mit Auszügen aus Monteverdis Oper „L’Orfeo“. Die in salopper Strassenkleidung auftretenden Sänger und Sängerinnen schritten singend die Treppe hinab, vor der sich das Barockorchester versammelt hatte. Hinzu gesellte sich ein Hirte, der heiter die Verbindung von Orpheus und Eurydike besingt. Bis sich das Schicksal wendet und Orpheus untröstlich den Tod der Geliebten beklagt, die an einem Schlangenbiss starb. Mit dem Mut der Verzweiflung beschliesst er ins Todesreich vorzudringen, um Eurydike zurückzuholen.

Diese dramatische Legende klingt bei Monteverdi sehr gefällig, wird von den Basler Madrigalisten und dem Instrumentalensemble mit grosser Perfektion dargeboten und wirkt doch etwas distanziert, was auch an der den Raumverhältnissen geschuldeten Akustik liegen kann. Erst mit dem Duett des Apollo und Orpheus und dem abschliessenden Chorgesang wird es leidenschaftlicher.

Leidenschaft gibt es dafür mehr als genug bei der Compagnia Aterballetto. Die cremeweiss gekleideten Tänzer und Tänzerinnen wirbelten um und über rostbraune Tonnen, ihr körperbetonter Tanz ist Ekstase und Poesie zugleich. Begleitet wurden sie von einem klagenden bis schmelzenden Akkordeon (Antongiulio Galeandro) oder sirrenden elektronischen Sounds mit hämmernden Rhythmen. Und zwei grandiosen Sängerinnen, die kraftvollen Stimmen von Cristina Vetrone und Lorella Monti, die sehnsuchtsvoll klagend bis ausgelassen klingend den Reichtum des neapolitanischen Volkliedes einfliessen lassen, sind einer der Höhepunkte des Abends. Eindrücklich ist auch der Tanz von Orpheus, der auf einem Brett (welches den Todesfluss Acheron symbolisiert) über den Tonnen balancierend, vergeblich sich müht, Eurydike zu sich heraufzuziehen.

Eine weitere Uraufführung schloss sich mit Werner Henzes „Orpheus behind the Wire“ an. Diesmal standen die Sänger und Sängerinnen über den Sitzreihen des Auditoriums. Einzelne Stimmen begannen sich zu vielschichtigen Clustern zu formen, poetische Dissonanzen entfalteten sich, über denen die Tenorstimmen (Daniel Issa, Gregory Finch) und zarte Frauentöne schwebten. Trotz aller Atonalität wehmütig klagend, zeugten die vertonten Gedichte von Edward Bond von emphatischer Solidarität und Freiheitsliebe. Die beeindruckende, musikalische Präsenz der Basler Madrigalisten begeisterten, die letzten Takte waren noch nicht verklungen, als bereits die ersten Bravo-Rufe ertönten, gefolgt von enthusiastischen Ovationen des Publikums.

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