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23. April 2007, 00:00 Interview

Tom Morello

Simon Knopf - Students.ch sprach mit dem Nightwatchman Tom Morello über seinen Solo-Pfad als Protest-Singer und über sein erstes Album. 'If you take a step towards freedom, it'll take two steps towards you'Du bist nun schon seit ein paar Jahren als The Nightwatchman unterwegs. Wie hat das ...

Students.ch sprach mit dem Nightwatchman Tom Morello über seinen Solo-Pfad als Protest-Singer und über sein erstes Album.

'If you take a step towards freedom, it'll take two steps towards you'

Du bist nun schon seit ein paar Jahren als The Nightwatchman unterwegs. Wie hat das ganze angefangen?

Es fing eigentlich damit an, dass ich rund um Los Angeles an Open-Mic Nights ging mit einer Gruppe von Freunden. Weißt du, das war ein schöner Kontrast zum Stadion-Rock von Audioslave und RATM. Ich hatte nie zuvor gesungen, hatte aber immer etwa Lieder geschrieben, und nun war da eine nette, kleine Sammlung von Songs, die mir sehr viel bedeuteten. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass diese Lieder wichtig genug waren, um sie vor Publikum zu spielen…, auch wenn das Publikum nur aus zehn Leuten und einer Kaffeemaschine bestand (lacht). Dadurch entwickelte ich ein grösseres Vertrauen in meine Stimme, und wenig später begannen mich auch schon Freunde anzufragen, ob ich sie auf Touren begleiten würde…, Anti-Flag, und Michael Moore fragte, ob ich für ihn auf seiner Lese-Tour eröffnen würde. Was mich das Ganze gelehrt hat, ist eine gewisse Angstlosigkeit. Ob du nun vor 50000 Arbeitern in NY spielst, oder in einem Café vor ein paar Leuten, du glaubst einfach an das, was du tust!

Wusstest du von Anfang an, dass es mal ein Nightwatchman-Album geben würde?

Ja, ich hatte mich bewusst dafür entschieden an einem gewissen Punkt ein Album daraus zu machen und als Bush 2004 wiedergewählt wurde, war für mich klar: es ist nicht genug, einfach daneben zu stehen und nichts zu tun. Ich hab es als meine Berufung angesehen, nicht nur politisch aktiv zu sein, sondern meine Empfindungen und Überzeugungen auch als Musiker auszudrücken, … mit meiner Gitarren und mit meiner Stimmer.

Das Album ist rein akustisch. Hattest du genug vom Image als Gitarren-Wizzard und von den Effekt-Geräten?

(lacht) … nein, ich hatte nicht genug davon. Aber ich wollte, dass das Projekt schon in einem gewissen Kontrast zu meinem bisherigen Schaffen steht. Sozusagen, Nightwatchman vs. Daywatchman…, was anderes als lauter Rock’n’Roll! Bei den ersten Open-Mic Nights schrieb ich mich anonym ein, eben als The Nightwatchman, weil die Leute sonst erwartet hätten, dass ich das Café mit meiner E-Gitarre auseinander nimm…

Ich bin ein grosser Fan von diesem Genre. Musik die nur mit einer akustischen Gitarre, drei Akkorden und der Wahrheit gemacht wird hat eine gewisse Tiefe, und eine Schwere!

Vor einiger Zeit hatte ich ein Gespräch mit dem Schlagzeuger von Anti-Flag. Er ist der Meinung, dass es eine art kritische Masse von Leuten braucht, damit man was bewirken, was verändern kann. Nun, dein Album heisst „One Man Revolution“, eine Antithese?

Ich war schon seit meiner Teenager-Zeit sowohl in Rockbands, als auch in politischen Organisationen aktiv. Man findet einfach eine gewisse Freiheit, wenn man von organisierten Aktivitäten weggeht, mit all den Kompromissen etc die unweigerlich darin enthalten sind. Mit RATM, beispielsweise, brauchte es immer zuerst ein Band-Meeting, um zu entscheiden ob wir jetzt an einer Benefit-Show auftreten oder nicht. Und es war immer auch ein gewisser Aufwand damit verbunden. Wenn jetzt irgendwo eine Benefit-Show stattfindet, dann nehme ich einfach meine Gitarre und geh. (lacht) Das ist die Einmannrevolution. Auf Ebene der Songs geht es darum, wie persönliche Überzeugungen zu dramatischen Resultaten führen können. Ist sehr einfach selbstgefällig zu sein, vor der Glotze, dem Videospiel zu sitzen, obwohl du weißt das gleichzeitig das Land vor die Hunde geht. Aber wenn du halt einen Kriegsverbrecher im Weissen Haus hast, wie kannst du da jeden Abend ins Bett gehen, ohne etwas tun zu wollen.

Wie gehst du mit Zynismus um? Mit Leuten die sagen, Ah, nicht noch ein Weltverbesserer, noch ein Bono?

(lacht)… also, ich glaub, dass meine politische Haltung immer einiges weiter links von der von Bono war! …Nein, ich krieg nicht wirklich was mit von solchen Stimmen. Aber ich denk auf jeden Fall, dass es ein ganzes Stück besser ist, wenn Rockstars ihren Einfluss und Geld dazu verwenden, Hunger in Afrika zu stoppen, als einfach noch mehr teure Autos zu kaufen. Andererseits vertrete ich eine revolutionäre Haltung, nicht eine reformistische! Meine Helden sind Public Enemy und The Clash, oder Malcolm X. Inspirations-Quellen, die vielleicht nicht alltäglich sind.

Das Album ist bisweilen doch eher dunkel und liegt schwer auf. Kriegen wir hier deine pessimistische Seite zu sehen?

Nun, ich leuchte schon eher die schattigen Seiten von meinen Überzeugungen aus. Es hat Lieder auf dem Album, wie zum Beispiel Battle Hymns oder Union Song, welche Kampflieder für die Arbeiterklasse im Jahre 2007 sein sollen. Andere, wie The Road I must travel sind dann mehr existentielle Reisen. Mir geht es mehr darum, auszuleuchten, was kommt, wenn man mal so und so weit ist; es sollte mehr eine Warnung sein…

In „Flash shapes the Day“ singst du „it does not matter who you are“. Wie ist das zu verstehen?

Im Kern von dem Lied steckt die Idee, dass Geschichte nicht von einem Präsidenten, Pabst, König, Millionär oder einer Königin gemacht wird. Der wirkliche Motor der Geschichte sind Leute über die du in Geschichtsbüchern nichts liest. Dadurch, dass sie aufstehen für Gerechtigkeit dort wo sie leben, dadurch entstehen Veränderungen. Ob es nun um die Aufhebung der Rassentrennung in Schulen in den USA, um den Fall der Berliner Mauer oder um das Ende der Apartheid geht, … all diese Dinge sind nicht dank eines reichen Mannes, sonder dank der normalen Leute passiert, die sich organisiert haben, dafür gekämpft haben, manchmal sogar dafür gestorben sind.

War es gelassener nur mit der akustischen Gitarre im Studio zu sein, ohne die ganzen Effektgeräte und den Firlefanz?

Ja, da sind definitiv andere Vibes… Mit einer Rockband ist Studioarbeit gut, wenn die Chemie innerhalb der Band gut ist. Als Musiker tauchst du in diese Chemie ein, bist Teil eines Ganzen. Selbst wenn der Einzelne mal nicht so gut spielt, was zählt ist das Gesamtbild. Als Solokünstler erreichst du dann aber eine Reinheit, eine art Destillat von dem, was dich ausmacht. Auf der einen Seite ist Led Zeppelin gut, auf der anderen Bob Dylan… einfach aus verschiedenen Gründen. Tja, ich hab das Led-Zeppelin-Modell gemacht seit ich 17 war (lacht). Und das war einfach eine total erfrischende Erfahrung, ein Album ganz alleine zu machen. Jede Note, jede Textzeile kommt von mir.

Was würdest du zu einem jungen Menschen sagen, der heute was zum Positiven verändern will?

Alles ist möglich! Es ist sehr einfach, sich hilflos zu fühlen und rein theoretisch stehen die Chancen gegen dich. Aber im Verlauf der Geschichte gab es glaub ich weit grössere Hindernisse in Sachen sozialer Fortschritt als heute. Die jungen Leute müssen einfach begreifen, dass sie alle die wirkende Kraft der Geschichte sein könne. Geschichte passiert jetzt! Es gibt diesen Satz: „Du kannst nicht neutral sein in einem Fahrenden Zug!“ Wenn der Zug jetzt in die falsche Richtung fährt, ist es an dir, ob du im Speisewagen Champagner trinkst, oder ob du den Schaffner überwältigst und die Räder vom Zug blockierst. In One Man Revolution geht es definitiv ums überwältigen vom Schaffner und ums blockieren der Räder!

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Quelle: bild: nightwatchmanmusic.com (Link)
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