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16. Januar 2013, 08:37 Movie

Kino: Django Unchained

Gregor Schenker - Quentin Tarantinos irrwitzige Western-Hommage begeistert mit durchgeknallten Dialogen, brutalem Gemetzel und einem imposanten Staraufgebot. Allen voran Christoph Waltz zeigt sich in Bestform.

Eins vorweg: Mit dem originalen Django von 1966 hat Django Unchained fast gar nicht gemeinsam. Damals spielt Franco Nero einen weissen Revolverhelden, der seine ermordete Frau rächt; sein Django schleppt einen Sarg mit sich herum und metzelt seine Gegner reihenweise mit dem Maschinengewehr nieder.

Tarantino macht aus der Figur einen schwarzen Sklaven (Jamie Foxx). Der Kopfgeldjäger Dr. King Schultz (Christoph Waltz) befreit ihn aus der Gefangenschaft, weil er für ihn einige Banditen identifizieren soll. Aus den beiden werden bald Kollegen und beste Freunde. Ehrensache also, dass Schultz Django dabei hilft, seine Frau Broomhilda (Kerry Washington) aus den Fängen des brutalen Grossgrundbesitzers und Sklavenhalters Calvin Candie (Leonardo DiCaprio) zu retten.

Damit ist Django Unchained allen Zitaten zum Trotz weniger eine Hommage an den Spaghettiwestern, als eine Neuauflage des Blaxploitation-Western. Damals versetzten Filme wie Charley One-Eye (1973) oder Boss Nigger (1975) die schwarzen Helden der Blaxploitation in die USA des 19. Jahrhunderts. Genau wie sie muss sich Jamie Foxx’ Django in einer Welt der Weißen durchsetzen (der ganze Film spielt in den Südstaaten kurz vor dem Sezessionskrieg). Er meistert die Herausforderung mit coolen Sprüchen, erbarmungsloser Brutalität und einem angeborenen Talent fürs Schiessen.

Dr. King Schultz: „How do you like the bounty hunting business?“
Django: „Kill white people and get paid for it? What's not to like?“

Dr. Schultz wiederum, der deutsche Kopfgeldjäger, könnte glatt aus einer Karl-May-Verfilmung desertiert sein (aus einer Karl-May-Verfilmung auf Droge). Christoph Waltz überflügelt mit irrwitzigen Texten und einer ekstatischen Spielfreude fast schon seine oscarprämierte Leistung in Inglourious Basterds – allerdings gehen Schultz die Abgründe des Hans Landa ab.

Apropos: Django Unchained mag zwar auch brüllend komische Szenen haben, dennoch ist der Film merklich ernster als die völlig durchgedrehte Kriegsfilm-Klamotte. Tarantino setzt ganz auf die Tragik von Djangos Situation: Er muss seine Menschlichkeit vergessen, um die Frau zu befreien, die er liebt. Er macht das derart konsequent, dass sogar sein abgebrühter Kopfgeldjäger-Kumpel erschreckt.
Dummerweise bleibt die Liebe zwischen Django und Broomhila von Shaft (!) abstrakt – Tarantino kann nicht begreiflich machen, weswegen Django für die Frau all die Mühen auf sich nimmt; wir erfahren kaum mehr über sie, als dass sie hübsch ist. Die Liebe, die das Zentrum der Handlung sein soll, bleibt eine blosse Behauptung.

Ist das schlimm? Nicht wirklich. Django Unchained bleibt ein gewaltiger Spass, mit unzähligen Filmzitaten, einem Soundtrack von Klassik über Morricone bis Hip Hop, viel blutigem Gemetzel und einem imposanten Staraufgebot: Neben Foxx und Waltz begeistern Leonardo DiCaprio als grausamer Kapitalist, Samuel L. Jackson als durchtriebener Hausneger oder Tarantino selbst als australischer Minenangestellter. Und der legendäre Franco Nero höchstpersönlich hat einen kleinen, aber feinen Gastauftritt.


Bewertung: 4 von 5


  • Titel: Django Unchained
  • Land: USA
  • Regie: Quentin Tarantino
  • Drehbuch: Quentin Tarantino
  • Darsteller: Jamie Foxx, Christoph Waltz, Leonardo DiCaprio
  • Verleih: Disney Schweiz
  • Start: 17. Januar 2013
Fotos von Sony Pictures
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