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15. Mai 2013, 00:00 Movie

DVD: Marina Abramovic - The Artist ist Present

Gregor Schenker - "Marina Abramovic - The Artist is Present" ist jetzt auf DVD erhältlich. Der Dokumentarfilm ist in erster Linie ein überlanger Werbetrailer, verrät aber ungewollt ein paar interessante Dinge über den modernen Kunstbetrieb.

Die Performance-Künstlerin Marina Abramovic bereitet sich auf eine grosse Retrospektive im New Yorker Museum of Modern Art vor. Dabei begleitet sie der Kameramann und Dokumentarfilmer Matthew Akers, der auch Abramovic' Performance The Artist is Present festhält: Während dreier Monate sitzt die Künstlerin im Atrium des Museums. Ihr gegenüber steht ein leerer Stuhl, eine Einladung an die Besucher, ihr gegenüber Platz zu nehmen und ihren Blick zu erwidern (darunter bekannte Gesichter wie James Franco und Orlando Bloom).

Akers nutzt die Retrospektive, ein bisschen was zu Biographie und Werk der Künstlerin zu erzählen, es bleibt aber bei den wichtigsten Daten und ein paar historischen Clips. Das Augenmerk liegt auf die The Artist is Present.

Die Kunst des Marketings

Ansprüche an eine tiefergehende oder gar kritische Auseinandersetzung darf man nicht stellen, der Dokumentarfilm beschränkt sich überwiegend auf die Anpreisung der Marke Abramovic und der Marke MoMA. Die Hochglanzbilder erinnern an Fernsehwerbung, die aufdringliche Filmmusik betont stets die angebliche Dramatik des Gezeigten und die interviewten Weggefährten, Kunstkritiker und Museumsbesucher überschlagen sich mit Sätzen, die toll auf ein Werbeplakat passen würden:

"Sie fordert das Publikum heraus, direkt und unverfroren."

"MoMA ist der wichtigste Ausstellungsort der Welt für alle lebenden Künstler."

"Sie lebt für ihre Kunst, sie lebt für ihr Publikum."

So erhalten die Bilder nie die Gelegenheit, für sich selbst zu sprechen. Akers übergiesst seinen Film mit Pathos und tut alles, um The Artist is Present zur bedeutendsten Kunstaktion aller Zeiten zu stilisieren.
Dadurch verrät sein Werk aber einiges über den modernen Kunstbetrieb. Inhalte sind nicht so wichtig wie die Vermarktung berühmter Namen. Abramovic ist ein Rockstar, die Ausstellung ein Grossevent. Die Menschen campieren vor dem Museum, um den begehrten Platz auf dem Stuhl zu bekommen.

Der Guru spricht

Der Starkult entspricht dem Werk einer Künstlerin, die von Anfang an ihren Körper und damit ihre Person ins Zentrum ihres Schaffens stellt. Ihre Performances erinnern an religiöse Rituale und Selbstkasteiung, mit Abramovic selbst als Heiliger.

Zur Heiligenverehrung gehört auch die Verbreitung der Lehre. So lauschen die Gäste einer Preisverleihung in Italien andächtig Abramovic, die ihr künstlerisches Manifest vorliest.
Für ihre Ausstellung im MoMA wiederum holt sie sich über 30 junge Künstlerinnen und Künstler, die ihre klassischen Performances nachstellen. Diese führt sie zur Vorbereitung durch ein mehrtätiges Training mit Fasten, Nacktbaden und Meditation. Das wirkt wie eine Mischung aus Realityshow und Sektenritual.

Abramovic ist ein Oberguru des Kunstbetriebes.

Inhaltlich ergiebiger als der Film ist das Begleitbuch zur DVD, das neben Interviews mit Abramovic und Matthew Akers auch das Manifest der Künstlerin und einen ausführlichen Artikel von Klaus Biesenbach enthält, dem Kurator der Ausstellung. (Leider scheint aufgrund eines Druckfehlers das Ende seines Textes zu fehlen.)



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