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29. Juli 2013, 19:48 Konzert Kultur Music Festivals students.ch

Ein färöisches Sommermärchen

Annekatrin Kaps - Guđriđ Hansdōttir sang von Nebel, Alleinsein und der Liebe. Budam brachte Mister K., Mister G. und Miss A. mit. All made by the Faroe Islands. Wir waren für Euch im Rosenfelspark beim Stimmenfestival in Lörrach dabei.

Achtzehn Inseln sind es, die weit oben im kühlen Norden zwischen Island und Norwegen im Atlantik liegen. Seit Monaten soll es dort jeden Tag neblig grau und kalt gewesen sein. Erzählt zumindest Guđriđ Hansdōttir, was vielleicht auch erklärt, warum die Sängerin bei dreissig Grad zu einer bunten Glitzerbluse und schwarzem Mini auch noch schwarze Strumpfhosen (er)trägt.

Allein wie es sich anhört, kann es ganz so schlimm mit dem Nebel nicht gewesen sein. Ähnlich Nebelschwaden verdichten sich unaufgeregte Gitarrenklänge und packende Drums, mühelos fügt sich die glasklare Stimme Hansdōttirs ein. Abwechselnd die Songs färöisch oder englisch singend, klingt es bei Sleeping With Ghost erfrischend nach ehrlichem Pop. Mit eingängigen Akkorden und einfühlsamer Stimme verzaubert sie schnell das mittelalte, dezent alternative Publikum.

Auf den Nebel wird die zierliche Brünette später bei Aldan zurückkommen. Dazwischen klimpert sie gutgelaunt auf einem Mini-Keyboard herum, um in Walk With Me jemanden zum spazieren zu bewegen. Aber eigentlich ist es eher eine Bitte um ein Gespräch. Isolation auf den Inseln ist eines ihrer Themen, für das sie immer wieder berauschend einfache Melodien findet. Bei denen auch öfters kurze Sequenzen an Tina Dico erinnern.

Mal rauchig, fast kratzig, dann wieder glockenhell und immer mit viel Herzblut tönt Hansdōttir bei den färöischen Volksliedern. Denen, neben den Lovesongs, unüberhörbar ihre Leidenschaft gehört. Verstärkt wird sie kongenial vom Gitarristen Frieder Graef und Gerald Hausnner an den Drums.

Bei You Have Diamonds tauen allmählich die bis jetzt recht disziplinierten Zuhörer auf. Die beautiful eyes müssen aber auch wirklich einzigartig sein, wenn sie so faszinierend ausschauen, wie sie klingen. Der feinste färöische Akzent, mit dem sie sagt: Ich bin Ausländerin und spreche nicht gut deutsch. (was sie so in der Schule gelernt hätte), sorgt für einige Lacher. Dafür kommt der Applaus für einen entrückten Country müde daher. Dabei gehört Hansdōttir unbestritten zu den heurigen Entdeckungen beim Stimmenfestival. Noch mehr gilt das für Budam, den die Musikerin vor ihrem letzten Lied ankündigte.

Ihn gibt’s ebenfalls im Trio. Wie die Orgelpfeifen standen- am kleinsten Maria Johannessen, in der Mitte Budam, rechts Frederik Hauch – sie bei der ersten Nummer da. Einem stimmgewaltigen Folk, dessen Klang allmählich verebbte, am Schluss bewegte nur noch Būi Dam (so heisst der Sänger eigentlich) die Lippen. Aber Budam ist mehr als ein Songwriter, gleichermassen Schauspieler und Regisseur. Das wurde schnell klar, als er Mister K. vorstellte. Und seine Gitarre hochreckte. Die Liste, was Mister K. alles liebt, war lang. Milk with Sugar beispielweise. Sometimes Mister K. will be dyed, but not toda.y, versprach der mittelgrosse Sänger mit dem gepflegt gestutzten Vollbart. Und so war es dann auch.

Zu Beginn halb hauchend, dann fast stöhnend, unterstützt vom reinen Sopranklang Johannessens, hörte sich Budam bei The Fly an, welches in einer Art Sprechgesang auf breath-live-death endete. Dann begann er Mister G. einzuführen. Welcher keine Adresse, noch nicht mal einen Geburtsurkunde besitze. But Mister G. wants to play. Und das tat das Schlagzeug dann auch. Mit beeindruckender Percussion ohne jeden Schnickschnack und trommelnden, wirbelnden Rhythmen, sozusagen à la nature, begeisterte Frederik Hauch.

Vereinzelte erste begeisterte Rufe wurden im Publikum laut. Mit einem vergnügten Pfeifen, das sich rasch zu einem explodierenden Tempo mit einer fast verstörenden Melodie entwickelte, ging es mit Nothing weiter. Ebbte ab in einer faszinierenden Dreieinigkeit der Musiker und endete im wieder gutgelaunten Pfeifen.

Budam the Bastard ist einer der bizarren Geschichten, die der eher unscheinbare Sänger mit warmer, volltönender Stimme in makellosem Englisch zu erzählen liebt. Nach seiner Logik kann ein Sohn dann schon mal sieben Mütter haben. Oder ein Elefant sich die Seele aus dem Leibe schreien. Mit tiefsten Basstönen bis hellsten Höhen, hechelnd und sich klopfend auf die Brust schlagend, imaginierte Budam gleichzeitig den Dickhäuter und die Weite Afrikas.

Nach dem vierten Lied wurde letztendlich Maria Johannessen als Miss A. vorgestellt. Miss A. who will never dye. Und von der auch The Elephant wundervoll illustriert wurde. Es folgten weitere unglaubliche Geschichten mit lustvollen Gospel-Anklängen, Walzertakten und augenzwinkerndem Humor. Doch eigentlich entzieht sich Budam jeder musikalischen Einordnung. Die perfekte Intensität des so entspannt wirkenden Sängers muss man selbst erleben. Seine rauchige Stimme, die den Abend mit Yoni, einem zum niederknien schönen Liebeslied mit deep-warm-soft begann. Der auf Its wet- its feminin- its beautyful- its love-ist you berückend schön endete, dem nichts hinzuzufügen ist.

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