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27. August 2013, 10:47 Kolumnen

Ein Zürcher in... Schaffhausen

Marco Büsch - Meine letzte Schweizer Städtereise führte mich nach Schaffhausen, dort, wo Zürich noch als «pretty little suburb» bezeichnet wird (gemäss IWC Werbung) und der Lappi die Augen offen halten sollte.

Schaffhausen... Der Kanton, in welchem aufgrund der Stimmpflicht jeweils die höchste Stimmbeteiligung erzielt wird (bei einer Busse von drei Franken für das Nichtabstimmen), oder das Städtchen mit dem dümpelnden Fussballklub und mit «Schaffhausen Vordergasse» für Fr. 1200.-, dem günstigsten Feld im Monopoly. Im Lonely Planet wird Schaffhausen – von Zürich aus – als «easy day trip» beschrieben und als ein Städtchen im deutschen Stil – kein Wunder, bei dieser Nähe zur Grenze. Deswegen ist Schaffhausen sehr wahrscheinlich auch am 1. April 1944 von den Alliierten aus Versehen bombardiert worden und hat wohl deshalb bis heute die traurige Ehre, die einzige Schweizer Stadt zu sein, welche überhaupt je bombardiert wurde. Aus diesem Grund läuten in Schaffhausen immer am 1. April die Glocken, im Gedenken an dieses Ereignis. Aber genug der Geschichtsstunde, es gilt, von meinem Besuch in diesem schönen Städtchen zu berichten.

Mein erstes Ziel war natürlich der Munot, welcher unübersehbar auf einer Anhöhe über der Stadt thront. Es gibt sicherlich prunkvollere Bauten als diese Festung aus dem 16. Jahrhundert, aber gerade wegen ihrer Schlichtheit wirkt sie sehr schweizerisch: Praktisch und unauffällig. Sie wurde zur Verteidigung der Stadt erbaut (dies war aber nur einmal notwendig: 1799 gegen die Franzosen), und kommt ohne den ganzen unnötigen Schnick-Schnack aus, mit dem die Monarchen anderer Länder ihre Burgen immer geschmückt haben. Leider hatte auch das kleine Ladenlokal auf der Burg während der Woche geschlossen und so war es kaum verwunderlich, dass so gut wie keine Touristen auf dem Munot herumfotografierten. Dabei ist die Aussicht vom Munot wirklich den kleinen Aufstieg wert.

Schaffhausen wird nicht umsonst die «Erkerstadt» genannt, alleine in der Vorstadt befinden sich um die 170 Erker, von denen der Lonely Planet zu Recht die Erker am Haus Zum Goldenen Ochsen (Vorstadt 17) und Zum Grossen Käfig (Vorstadt 45) empfiehlt. Am Fronwagplatz steht der Mohrenbrunnen, welcher im Lonely Planet als «Moor Fountain» übersetzt wird, dies scheint mir nicht ganz richtig? Oder doch? (Vielleicht lesen hier ein paar kundigere Leute als ich mit, um Auskunft wird gebeten). Übrigens spazierte ich auf meinem Weg zum Fronwagenplatz an einem McDonalds vorbei und musste doch ein wenig lachen, als ich Zeuge einer etwas skurrilen Szene wurde: Ein Kind forderte seine Mutter einigermassen laut dazu auf, doch bitte die Zigarette wegzuwerfen, Rauchen sei nämlich ungesund und sie habe versprochen, nicht mehr zu rauchen, worauf die Mutter weiterrauchte und das Kind anschrie, es solle doch bitte ein wenig leiser sprechen und überhaupt ginge dies das Kind gar nichts an. Die Mutter entdeckte dann noch Bekannte, welche vor dem McDonalds am Essen waren, leider ein paar Tische weiter hinten, weshalb die Mutter ganz laut brüllen musste, um sich mit ihnen anständig unterhalten zu können – Es fühlte sich an wie ein Nachmittag auf RTL 2.

Nach einigem Umherspazieren durch die engen kleinen Gässchen der Altstadt, bin ich schliesslich auf dem empfohlenen Herrenacker gelandet, «one of Schaffhausen’s prettiest squares». Hier findet alljährlich, jeweils anfangs August, «Das Festival» statt, mit Künstlern wie Silbermond, Katie Melua oder Bligg. Als erster Act für nächstes Jahr sind schon mal Status Quo bestätigt. Das wird sicher seinen ganz eigenen Charme haben, wenn Stadionrock durch enge Altstadt-Gässchen hallt. Bleibt noch zu erwähnen, dass «Das Festival» mittlerweile nicht mehr diesen Namen trägt und entsprechend dem mehrheitlich internationalen Line-Up nun «Stars in Town» heisst (www.starsintown.ch). Auf dem Herrenacker war es übrigens auch ohne die grossen Stars ganz angenehm, auf einer Bank zwischen den Bäumen sitzend die Ruhe zu geniessen; hat auch etwas für sich.

Vielleicht tue ich Schaffhausen Unrecht, aber da sass ich nun nach gut zwei Stunden so auf diesem Bänkchen, blätterte durch den Reiseführer und musste mir eingestehen, dass ich eigentlich schon so gut wie alles gesehen hatte, was die paar Seiten im LP so hergeben und so erweiterte ich meine kleine Tour bis zum Rheinfall. Welcher Schweizer kennt ihn nicht, den grössten Wasserfall Europas (insbesondere wegen seiner Breite)? Schon als kleiner Junge durfte ich einmal mit der Fähre zum grossen Felsen in der Mitte des Rheinfalls fahren, um mich mit Wasser vollspritzen zu lassen, und darum genügte es mir diesmal vollkommen, den Wasserfall von weitem zu bewundern. Wie immer bei solchen Attraktionen ist das ganze Drumherum fast noch spannender als die Sache selbst: So posierte ein Brautpaar vor dem Schloss Laufen für allfällige Hochzeitsbilder, während eine Gruppe Asiaten ihnen dabei zuschaute und ebenfalls Fotos von dieser Szene schoss. Die Braut nahm es gelassen und schenkte der Gruppe sogar manchmal ein Lächeln. Ich zog es vor, mich wieder auf die andere Seite des Flusses zu begeben, wo es zwar nicht weniger touristisch zu und her ging, dafür hatte es ein bisschen mehr Platz. Und die Toilette hatte einen Dyson-Airblade-Händetrockner, was will man mehr.

In Kombination mit dem Rheinfall oder auch Stein am Rhein ist Schaffhausen sicherlich einen Tagesausflug wert, ich hatte jedenfalls meine Freude an diesem kleinen Städtchen. Wie so oft auf meinen Reisen zeigte sich die Schweiz auch hier beschaulich und ruhig, fernab jeglicher Zürcher Hektik. Mein Fazit: Dieser Ausflug inklusive Rheinfall war sicherlich kein Reinfall (hohoho!).

Weitere Kolumnen gibt es auf meinem Blog nachzulesen: Hier!

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