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18. Mai 2008, 17:28 CD / Vinyl Music Kultur

The Notwist - The Devil, You + Me

Michael Heger - Seit fast 20 Jahren sind The Notwist eine feste Institution in der alternativen deutschen Musiklandschaft. Sechs Jahre nach ihrem bisher erfolgreichsten Album, Neon Golden, setzen sie mit The Devil, You + Me neue Massstäbe.Im Verlaufe ihrer Bandgeschichte wandelten sich The Notw...

Seit fast 20 Jahren sind The Notwist eine feste Institution in der alternativen deutschen Musiklandschaft. Sechs Jahre nach ihrem bisher erfolgreichsten Album, Neon Golden, setzen sie mit The Devil, You + Me neue Massstäbe.

Im Verlaufe ihrer Bandgeschichte wandelten sich The Notwist musikalisch von Album zu Album. Mittlerweile sind es sieben an der Zahl. Was sich beim Debutalbum im Jahre 1989 noch wie eine Mischung aus Punk, Rock und Metal anhörte, entwickelte sich stetig weiter; Jazzeinflüsse kamen hinzu, aber auch Anleihen bei der elektronischen Musik. Wie sich schon auf dem Vorgängeralbum ankündigte, sind im Jahre 2008 die noisigen Elemente fast vollständig in den Hintergrund getreten. Sie schimmern nur noch vereinzelt durch wie etwa im Track Alphabet. Rock, Jazz und die elektronischen Momente sind geblieben, verpackt in futuristische Popsongs, die sich nie in eine einzelne Schublade werfen lassen. Über all dem steht Markus Acher’s unverwechselbare Stimme mit dem deutschen Akzent und der herzzerreissenden Melancholie, welche in jedem Ton mitschwingt.

The Notwist - Where In This World

Martin Gretschmann, besser bekannt unter dem Namen seines Projekts Console, sorgt auch auf The Devil, You + Me für die altbekannten vertrackten, sperrigen Beats und die Elektronik. In Where In This World kommt sein Talent ein erstes Mal zum Vorschein. Es ist das Lied, welches Radiohead zu Kid A-Zeiten nie geschrieben haben. Dem folgenden Track Gloomy Planet haftet eine gemütliche Lagerfeuerromantik an, die mit Alphabet, welches mit mechanisch roboterartigem Schlagzeug auffährt, gleich wieder zerschlagen wird.

Ein Höhepunkt auf The Devil, You + Me findet der Hörer wenig später mit On Planet Off. Die düsteren, treibenden Beats, das verträumte Gitarrengezupfe und Markus Acher’s traurig-zarter Stimme reissen einem sofort in den Bann und lassen einem mit einem weinenden und einem lachenden Auge zurück. Dagegen wirkt Boneless richtiggehend unbeschwert und leicht. Ein Gefühl, dass vom klagend melancholischen Geigenspiel in Hands On Us gleich wieder eliminiert wird.

The Notwist

Diese Ambivalenz, die sowohl zwischen den Songs als auch in den Liedern selbst existiert, zieht sich durch das ganze Album. Sie ist gewissermassen sinnbildlich für diese Ausnahme-Band, deren Sound und deren neustes Album. The Notwist schaffen es immer wieder, bestehende Erwartungen, Spannungsbögen und Stimmungen im nächsten Moment zu verwerfen, auszulöschen, um sie im übernächsten Moment wieder aufzunehmen. Dies ist am Anfang etwas gewohnheitsbedürftig, verleiht jedoch der Musik eine Tiefe, die wohl keine andere deutsche Band erreicht; im weitesten Sinne vergleichbar mit der Atmosphäre einer Radiohead-Platte.

The Devil, You + Me ist seiner Zeit voraus. Popmusik, die nicht so recht ins Jahr 2008 passen will. Wenn man bedenkt, dass diese Scheibe bei ihrem Release zwischen James Blunt und Sina in die Schweizer Album-Charts eingestiegen ist, wirken The Notwist bei all dem Einheitskram in der zeitgenössischen Popmusik gleichzeitig fremd und doch so nah. Sperrig und eingängig zugleich. Bisweilen lässt The Devil, You + Me einem mit dem Gefühl zurück, unwissend, ob man nun vor Glück oder aus Traurigkeit weint, nur um im nächsten Moment anzufangen zu lachen. Dieses Album ist Melancholie pur. Einfach zu schön um wahr zu sein.

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The Notwist spielen am 31. Mai an der Bad Bonn Kilbi in Düdingen und am 19. Juli am Melt! Festival in Gräfenhainichen in der Nähe von Berlin.

Band: The Notwist

Album: The Devil You + Me

Release: 09.05.1008

Label/Vertrieb: City Slang/ TBA

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