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3. Oktober 2013, 00:00 Movie Zurich Film Festival

Nordstrand @ Zurich Film Festival

Gregor Schenker - Nach „Bergfest“ liefert Florian Eichinger mit „Nordstrand“ den mittleren Teil seiner Trilogie über die Nachwirkungen häuslicher Gewalt ab. Der Film ist angenehm unaufgeregtes, aber dennoch dramatisches Schauspielerkino.

Als Regisseur Florian Eichinger (nicht verwandt mit Bernd Eichinger) mit seinem Langfilm-Debüt an diversen Festivals unterwegs war, fiel ihm auf, wie stark das Publikum auf den Film reagierte. Bergfest handelt von einem jungen Mann, den sein Stiefvater als Kind misshandelte. Als er in einer Berghütte nach Jahren auf seinen biologischen Vater trifft, wirft er diesem seine Untätigkeit vor.

Ob Cairo, Montreal oder Shanghai: Das Thema häuslicher Gewalt und ihrer Spätfolgen berührte die Zuschauer überall auf der Welt. Also entschied Eichinger, sich näher damit auseinanderzusetzen und eine Trilogie darüber zu drehen.
Womit wir bei Nordstrand wären. Hier kommen die Brüder Volker (Daniel Michel) und Marten (Martin Schleiss) im Elternhaus auf der Nordseeinsel Norderney zusammen. Das erste Mal seit Jahren. Früher hatte insbesondere der jüngere Volker unter dem Vater zu leiden – bis die Mutter den Tyrannen umbrachte.

Demnächst wird sie aus dem Gefängnis entlassen. Marten möchte die Familie wieder zusammenbringen, doch Volker sperrt sich dagegen. In der isolierten Situation auf der Insel aufeinander zurückgeworfen, pendeln die Brüder zwischen Streit und Versöhnung. Die Gewalt und Schuldgefühle aus Kindertagen vergiftet ihr Leben und ihre Beziehungen bis heute.

Eichinger setzt ganz auf die Leistungen seiner Schauspieler, gibt ihnen eine Menge Raum. Die einzelnen Szenen nehmen sich ihre Zeit, spulen sich oft ungeschnitten am Stück ab. Da kommt es schon mal vor, dass die beiden Brüder sich beim Abendessen mehrere Minuten lang einfach gegenüber sitzen (bis dann Volker Marten mit einem Kirschstein bespuckt). Schleiss und Michel ist zu verdanken, dass Nordstrand dennoch keine Sekunde langweilt.
Der Film bleibt auch deswegen spannend, weil das Publikum sich vieles selbst zusammenreimen muss. Eichinger kaut einem nicht alles vor, sondern vertraut darauf, dass man zwischen den Zeilen lesen kann.
Wenn schliesslich die finale Auseinandersetzung zwischen Volker und Marten vor der Kulisse der mächtigen Nordsee fast verschwindet, stellt man überrascht fest: In einer betont zurückhaltenden Inszenierung liegt mitunter ein Maximum an Dramatik.


Weitere Vorstellungen:

  • Do, 03. Okt, 15:30, Corso 4
  • Sa, 05. Okt, 18:15, Corso 4
(Regisseur Florian Eichinger und Produzent Cord Lappe sind jeweils anwesend)


Nordstrand läuft im deutschsprachigen Spielfilm-Wettbewerb.

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