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29. September 2013, 18:58 Kultur Movie Zurich Film Festival

Still Life @ ZFF

Claudia Maag - John May ist als Bestatter oft als einziger Trauergast bei Beerdigungen zugegen. Sein Routineleben nimmt eine Wende, als er seinen Job verliert. Das Drama «Still Life» beschäftigt sich mit den Themen Einsamkeit und Sterblichkeit, doch auch mit Veränderung.

Bei vielen Beerdigungen im Süden Londons ist der Bestatter John May der einzige Mensch, der den Toten die letzte Ehre erweist. Die Urnen sammeln sich im Gestell, da er sehr gründlich arbeitet und jeden Abschied individuell gestalten möchte. Akribisch sammelt er dazu in den verlassenen Wohnungen Unterlagen, persönliche Gegenstände und Fotografien. Einfühlsam stellt er eine Trauerrede zusammen, wählt das Ambiente und die Musik, denn alle «Klienten» haben eins gemeinsam: Es sind keine Hinterbliebenen vorhanden oder auffindbar.
May ist in seiner Routine gefangen. Auch sein Leben ist geprägt von Einsamkeit. Sein Abendessen besteht meist aus einer Büchse – vermutlich – Thon, was jedoch aussieht wie Katzenfutter, mit einer Scheibe Toast. Sein Beruf ist ihm im Lauf der Jahre zum Lebensinhalt geworden. Dies ändert sich, als er aufgrund einer Restrukturierung seinen Job verliert.

Sein letzter «Klient» namens Stoke wohnte in seiner eigenen Siedlung, genau vis-à-vis von May – er ist betroffen, dass er den Alkoholiker nicht einmal kannte.
Der Bestatter beschliesst, dass er diesmal alles dransetzen wird, Angehörige zu finden, und spürt der Vergangenheit des Verstorbenen nach. Er redet mit dem ehemals besten Freund, der Exflamme, dem ehemaligen Soldatenbuddy und spendiert obdachlosen Weggefährten einen Whiskey, den er gleich mittrinkt. Sehr beliebt war Stoke nicht. Je näher der Ordnungsfanatiker der Wahrheit kommt, desto mehr – peu à peu – blüht er selber auf.

Der Film von Regisseur Umberto Pasolini (der zudem seine Premiere im deutschsprachigen Raum feiert) schafft es, mit einem minimalen Aufwand an Mimik, Gestik, Dialogen, Musik und Kameraeinstellungen mitten ins Herz zu treffen. Man wird John May während des ganzen Films niemals lächeln sehen. Trotz minimalistischer Mimik und Gestik strahlt er – hervorragend gespielt von Eddie Marsan – eine Geschichte aus.
Pasolini ist es gekonnt gelungen, die britische Seele einzufangen. Wie der triste Alltag des Bestatters bunter wird, beginnt der Film beinahe in schwarz-weiss, unterlegt mit leisen undifferenzierbaren Tönen und entwickelt sich hin zu Farbe und klareren Melodien. «Still Life» ist eine gelungene und pointierte Erzählung über Einsamkeit und Sterblichkeit, allerdings nicht ohne Augenzwinkern.


Weitere Spielzeiten:
Freitag, 4.10.13, 13.00 Uhr, Arena 8
Samstag, 5.10.13, 13.00 Uhr, Arena 5


Still Life läuft im internationalen Spielfilm-Wettbewerb

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