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5. Oktober 2013, 01:24 Kultur Movie Zurich Film Festival

JOE @ Zurich Film Festival

Joel Walder - David Gordon Green machte zum ersten Mal mit der kreativen Stoner-Komödie „Pineapple Express“ auf sich aufmerksam. Für den tollen „Prince Avalanche“ wurde er mit dem Regiepreis der diesjährigen Berlinale belohnt. „Joe“ nun ist eine Reise in die Abgründe der amerikanischen Südstaaten.

Als Gary mit seiner mausarmen Familie in ein verbarrikadiertes Haus zieht, sucht sich der Junge zuerst Arbeit, da sein saufender und prügelnder Vater dafür nicht mehr zu haben ist. Dieser ist körperlich und moralisch so weit verelendet, dass er einen anderen Säufer für seine Flasche Whiskey mit einem Schraubenschlüssel in einer eindrücklichen und abstossenden Szene brutal erschlägt. Fündig wird Gary bei Joe, der ein halblegales Forstunternehmen führt und den engagierten Knaben unter seine Fittiche nimmt.

Joe ist kein unbeschriebenes Blatt: Er verbrachte schon Zeit hinter schwedischen Gardinen, weil er seine Wut gegenüber einem Polizisten nicht unterdrücken konnte, ihn kurzerhand entwaffnete, zu Boden schlug und dann weiterfuhr. Nun arbeitet er als Förster, um seine Energie produktiv und weniger kriminell einzusetzen.
Das heisst aber nicht, dass er nun ein neuer Mensch mit einer reinen Heldenseele ist. Es brodelt immer noch in seinem Bärenkörper, und auf Provokationen kann er ähnlich einer Naturgewalt mit verheerenden Ausbrüchen reagieren. Er trinkt wie ein Loch, stattet dem örtlichen Hurenhaus seine regelmässigen Besuche ab, hört in seinem Truck Pantera in ohrenbetäubender Lautstärke und versucht einfach sich so gut als möglich aus Scherereien herauszuhalten.
Das wird unmöglich, als er beginnt, Gary zu unterstützen und Stück für Stück in eine unfreiwillige Vaterrolle rückt. Der Junge verwirft sich mit seinem Vater, der auf Rache sinnt und sich mit Willie verwickelt. Willie wiederum hat einen persönlichen Disput mit Joe.

Was nach einer lockeren Seifenoper klingt, ist eine wahrlich starke, enorm packende Geschichte – mit grosser, berechtigter Ernsthaftigkeit erzählt – die sich zuspitzt bis zum unausweichlichen Stand-Off.

Die Figuren sind so charakterisiert, dass ihre Züge einen Hauch zu drastisch sind, um noch realistisch zu wirken – und das ist gut so. Diese Kleinstadt ist eine düstere Vision einer normalen amerikanischen Kleinstadt und die Atmosphäre hat einen mystischen, poetisierten Hauch. In einer solchen Welt braucht es Leute wie Joe, der mit seinem muskelbepackten Kampfhund seine eigenen Anschauungen von Recht und Ordnung durchzusetzen bereit ist, um Ungeziefer wie Willie oder Garys Vater zur Rechenschaft zu ziehen – ähnlich einem grausamen, gerechten Gott.

Nicolas Cage bringt Joe mit einer tollen Präsenz auf die Leinwand und bietet eine Intensität, die an seiner grandiosen Interpretation des gebrochenen Detectives in Werner Herzogs Bad Lieutenant anknüpft.
Wobei eigentlich alle Schauspieler tolle Arbeit leisten, ist auch Tye Sheridan besonders hervorzuheben. Der junge Mann kann in Joe zementieren, was schon er schon in Jeff Nicholls grossartigem Mud klarmachte: Mit ihm ist auch in Zukunft zu rechnen.

Joe ist auch ein Schmaus für Augen und Ohren. Da ist der wunderbar breite Südstaaten-Akzent, etwas schwer zu verstehen zwar, aber unersetzlich für die atmosphärische Dichte, die den Film so packend macht. Und dann sind da Inszenierung und Kamera, die uns eine authentisch-amerikanische Landschaft zeigt und finstere Bars mit dezenten, farbigen Lichtern mystifiziert – Bilder, die man drucken und aufhängen könnte.

Joe läuft als Gala Premiere

Spielzeit: Sonntag, 6. Oktober, um 21.00 Uhr im corso 1

Kommentare
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dollarhyde 09.10.2013 um 19:55
Verdammt, das hört sich ziemlich toll an. Und Cage-Fan bin ich sowieso. Den merke ich mir für den regulären Kinoeinsatz vor.