Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

6. Oktober 2013, 00:00 Kultur Movie Zurich Film Festival

Jag etter vind @ Zurich Film Festival

Claudia Maag - Norwegisches Familiendrama, in dem sich eine junge Frau den Geheimnissen ihrer Vergangenheit stellen muss. Eine berührende Geschichte mit der Erkenntnis, dass die Kommunikation mit unseren Nächsten oft die schwierigste ist.

Mit North feierte der Dokumentarfilmer Rune Denstad Langlo 2009 sein Spielfilmdebüt mit einem etwas anderen Roadmovie. Darin begab sich ein depressiver Skilift-Wärter auf seinem Schneemobil auf eine Reise durch den Norden Norwegens. Ebenfalls in Norwegen spielt sein zweiter Spielfilm Jag etter vind (chasing the wind), doch in diesem widmet er sich einem Familiendrama.

Anna (Marie Blokhus, «Jackpot, vier Nieten landen einen Treffer») hat ihre Familie seit zehn Jahren nicht mehr gesehen und arbeitet in Berlin als Modemacherin. Als sie vom Tod ihrer Grossmutter erfährt, reist sie zurück in ihr Heimatdorf in der norwegischen Natur.
Der Empfang ist kühl, da sie sich so lange nicht hat blicken lassen. Ihr Grossvater Johannes (Sven-Bertil Taube) ist ein mürrischer, wortkarger Mann. Doch wenn er etwas äussert, dann sitzt es. Ansonsten rezitiert er gerne aus der Bibel oder sagt deutsche Texte auf. Ihr Exfreund Håvard (Tobias Santelmann, «Kon-Tiki») hat sie noch weniger vermisst, denn Anna lief damals einfach davon.

Da der knurrige Johannes an sämtlichen Särgen etwas auszusetzen hat («hässlich»), soll Annas handwerklich begabter Ex das letzte Bett für die Grossmutter zimmern. Obwohl der Film eine tragische Story hat, führen die Dialoge oftmals zu tragikomischen Situationen. Besonders Johannes glänzt mit trockenen Antworten. Als Håvard nach Holz fragt, zeigt der Grossvater nur auf einen gefällten Baum. Auf den Einwand des Jüngeren, das Holz müsse trocknen, entgegnet der Witwer, dass dafür keine Zeit sei. Nur um nachzuschieben: «Und der Sarg wird sowieso in der Erde verrotten.»

Nachdem die junge Frau die harte Schale der beiden Männer geknackt hat, brechen gut gehütete Familiengeheimnisse hervor. Sie muss sich den Problemen stellen, vor denen sie vor zehn Jahren davonlief.

Freunde der lautstark musikalisch unterlegten Szenen werden bei Rune Denstad Langlos Familiendrama enttäuscht. Mit unter zehn Minuten Vertonung traut er sich, die Landschaftsszenen und selbst das häufige Verstummen der Charaktere wirken zu lassen. Dies sehr zum Vorteil des Films, verstärkt es doch die Tragik und Kommunikationsunfähigkeit der Figuren. Durch kleine komische Nebenszenen sorgt der Regisseur dafür, dass trotzdem keine Langeweile aufkommt. Marie Blokhus verzichtet auf Brimborium und genau das führt zu einer Stärke im Ausdruck, die sehr authentisch wirkt und man Anna in der Szene, in der sie vom Tod ihrer Eltern erzählt, einfach umarmen möchte. Ebenfalls überzeugend spielt Tobias Santelmann einen etwas ruppigen, aber guten Kerl, der es nicht einfach hatte. Doch Sven-Bertil Taube spielt alle an die Wand.


Weitere Spielzeiten:

  • Sonntag, 6.10.13, 18.15, Arena 4 (ausverkauft)

Jag etter vind (chasing the wind) läuft als Internationaler Spielfilm / Wettbewerb
Kommentare
Login oder Registrieren