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31. März 2014, 00:00 Konzert Music Festivals

m4music – Verstörend gut

Dominique Rais - Samstag, das bedeutet für viele Party und tanzen. Der beste Platz dafür war dieses Wochenende das m4music-Festival beim Schiffbau. Zürich ist für Musiker und Musikliebhaber das Schlaraffenland wie für Charlie die Schokoladenfabrik von Willy Wonka, das bewies das m4music eindrücklich.

In der Limmatstadt gibt es wohl kaum einen Tag im Jahr, an dem man sich nicht die überlebenswichtige Dosis Musik reinziehen könnte. An der Stelle muss ich mich outen: Ich bin ein bekennender Musikjunkie. Was mich nicht zuletzt ab und an in die Zwickmühle bringt. Mein Glück, dass das Konzert von der US-amerikanischen Sängerin Lissie, deren Stimme nicht selten mit der von Janis Joplin verglichen wird, nur einen Katzensprung vom m4music Festival Gelände entfernt stattfand. Nach dem Konzert und dem m4music-Marathon war ich also nicht mehr weit von einer Überdosis entfernt. Aber zu viel gute Musik? Das kann ja trotzdem nie schaden.

Zurück am m4music kam ich genau rechtzeitig zum Aufritt von Broken Bells dem unangefochtenen Headliner am zweiten Festivaltag. Zugegeben als Journalistin hatte ich den Vorteil ohne grosse Umwege in die Halle spazieren zu können, so viel Glück hatten jedoch nicht alle. Denn eine meterlange Warteschlange hielt viele davon ab, überhaupt erst in die Halle zu kommen. Verständlich, dass der Frust gross war, bei jenen, denen der Zugang verwehrt blieb. Denn der Auftritt von Broken Bells war schlicht grandios. James Mercer und Brian Burton, für viele bekannt unter dem Künstlernamen Danger Mouse, versetzten die Menge in Ekstase. Mit ihrer Mischung aus Synthie-Klängen im Vintage-Stil und mit der immer präsenten, aber zugleich einfühlsamen Stimme von James Mercer trafen Broken Bells den Musiknerv auf den Punkt. Ob zum Abhängen oder zum fast schon tranceartigen Tanzen, ihre Musik ist universal einsetzbar und am schönsten live zu geniessen.

Apropos live – nebenan in der Box kündigten sich schon Yokko an. Schnell rüber hiess es also für mich. Yokko zeigten abermals, dass sie den Spagat zwischen melancholischen Balladen und eingängigen Hymnen mühelos schaffen, dabei aber immer bei sich selbst bleiben. Treibende Drumbeats und die eingängige Stimme von Adrian Ernie sorgten für eine Stimmung, die nicht hätte besser sein können. Doch viel Zeit zum Verweilen blieb nicht, denn nebenan in der Halle wurde für die mit Abstand durchgeknallteste Band des Abends umgebaut: Bonaparte.

Verstörend! Für alle die Bonaparte bisher noch nicht kannten, dürfte verstörend das passende Synonym für die Punk-Band sein. Bonaparte sind ein Garant für skandalöse Auftritte, bei denen mit jeglichen Normen gebrochen wird. Ist das noch Kunst oder schon Dadaismus? Feststeht, es ist definitiv Unterhaltung, wenn auch nicht selten unter der Gürtellinie. Bonaparte sind jedenfalls der Inbegriff einer Band, die erst Live ihre volle Wirkung entfaltet. Das bewies, die auf ein Trio geschrumpfte Band rund um Sänger Tobias Jundt auch am m4music. Trotz der Verkleinerung hat das Musikerkollektiv nicht an Energie verloren.

„Anti Anti“ brachte die Menge zum Pogen und von da an war der absolute Ausnahmezustand angesagt. Denn wer Bonaparte kennt, der weiss das Trio wird nicht lange auf der Bühne alleine sein und so war es auch. Schon lange an der Seite der Band und mit auf der Bühne, die zwei Performancekünstlerinnen, die auch beim Aufritt in Zürich bei den einen für zunehmende Verstörung, bei den anderen für sabbernde Gesichter sorgten. In hautengen Latexbadeanzügen, als chinesische Laterne oder als Billigkronleuchter, mit Bling-Bling an Fahrradspeichen befestigt und dann auf den Kopf montiert, ob man nun wollte oder nicht, die Blicke waren den zwei Performerinnen sicher. Schnell wurde klar, nach der Sinnhaftigkeit zu fragen war gar überflüssig. Es gab nämlich keine. Oder war es doch Kunst? Egal, denn mit „Computer In Love“ kam schon die nächste Frage auf: Wie können sich elektronische Geräte verlieben? Auch egal, denn bei Bonaparte ist nichts unmöglich.

„Too much“ brüllte Tobias Jundt immer wieder ins Mikrofon und das Publikum tat es ihm gleich. Zu viel? Zu viel was? Zu viel nackte Haut? Nein, das kann es nicht gewesen sein, denn für Bonaparte war die Performance bis zu dem Zeitpunkt noch durchweg zensiert. Aber was noch nicht ist, kann ja noch werden. Und so war es auch. Wohl grösstenteils zur Freude der Männer zog dann die eine der beiden Performancekünstlerinnen, um nicht Stripperin zu sagen, doch noch blank. Alles in allem ein verstörend guter Aufritt von Bonaparte. Und den Besuch im Striplokal konnte man sich auch noch sparen. Also noch genug Geld, um mit einem Bier und den Schweden von Little Dragon und ihrem DJ-Set in Richtung Sonnenaufgang zu tanzen.

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