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28. April 2014, 22:19 Bücher Kultur students.ch

Meine neue Liebe - Wiedersehen mit Brideshead

Annekatrin Kaps - Es gibt Lieblingsbücher, die man nicht mehr aus der Hand legen kann, Bücher die man immer wieder liest oder Bücher, die beides sind. Der Klassiker von Evelyn Waugh ist so eines.

Bücher sind wie geliebte Menschen, man kann mit ihnen durch Dick und Dünn gehen. Deshalb findet man sich in Wiedersehen in Brideshead anfangs mit Charles Ryder mitten im Zweiten Weltkrieg wieder. Der hat den Maler historischer Adelshäuser schwer desillusioniert. Seine Begeisterung für den Krieg, um England zu verteidigen, ist deutlich abgekühlt. Nicht aber die Liebe zum englischen Empire. Denn darum geht es zum Einen in diesem erstaunlichen Buch – um den Schwanengesang aufs britische Empire.

Später sollte sich der spät zum Katholizismus konvertierte Schriftsteller teilweise von seinem Roman distanzieren und es überarbeiten. Doch damals sah er die pompösen Herrenhäuser dem Untergang geweiht. Waughs glasklare Sprache beschreibt ebenso detailliert die üppigen Interieurs, wie er mit bestechender Präzision die stumpfsinnige Grausamkeit des Krieges schildert.

„Genau die richtige Stelle, um einen Topf voller Gold zu verstecken“, sagte Sebastian. „Ich würde gern überall, wo ich glücklich war, etwas Kostbares vergraben. Dann kann ich später, wenn ich hässlich, alt und trübsinnig bin, zurückkommen, es ausgraben und mich daran erinnern.“

Allein am Ende schmeckt alles fad und Ryder besinnt sich auf sein Studium. Sebastian liebt er trotzdem heiss und innig, doch er wird „nur der Vorläufer sein“, gesteht er Jahre später Julia, Sebastians bezaubernder Schwester. Da ist er längst ein angesehener Maler mit Frau und Kindern. Und hat bei vielen Aufenthalten die komplizierte Familie Sebastians kennengelernt. Um sich dann von ihr zu entfernen. Kann das neue Liebesglück gutgehen?

Waugh verhandelt nicht nur katholische Werte, er untersucht akribisch die viktorianischen Wertvorstellungen, welche dem bürgerlichen Ryder den Zugang zu Julias Kreisen verwehren. Parallelen zu Fitzgeralds Der grosse Gatsby sind nicht zu übersehen.

Damals war das Leben in Frankreich sehr angenehm. Der günstige Wechselkurs sorgte dafür, dass ich mit meinem Geld lange auskam und ich lebte keineswegs sparsam.

In seiner Brillanz ist das Buch ein grossartiges Lesevergnügen, welches man nur allzu gern mit anderen teilen möchte. „Wiedersehen mit Brideshead, achtzehnmal gelesen, siebenundzwanzigmal verschenkt. Bisher“ schwärmte beispielsweise die Schriftstellerin Astrid Rosenfeld. Das liegt nicht zuletzt daran, dass weder die Sprache verstaubt klingt, noch das Thema der Dazugehörigkeit überholt wäre. Wiedersehen mit Brideshead gehört unbestreitbar zu den Büchern, die man gelesen haben sollte.

Evelyn Waugh, Wiedersehen mit Brideshead, Diogenes-Verlag, 39,90 CHF

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