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16. Juni 2008, 12:57 CD / Vinyl Music

Nicole Atkins – Neptune City

Patrick Holenstein - Neptune City liegt im amerikanischen Bundesstaat New Jersey. Die Kleinstadt – aktuelle Einwohnerzahl: 5218 – muss es der 28-jährigen Nicole Atkins schwer angetan haben. Wieso sollte sie sonst ihr Debüt danach benennen?

Die Assoziationen, wie sie Atkins’s Musik erzeugt, gleichen dann aber eher jener ambivalenten, vermeintlich perfekten Version einer Stadt wie sie im Film Blue Velvet gezeigt wird. Das kommt nicht von ungefähr. Nicole ist eine Verehrerin von David Lynch. Der hat Blue Velvet inszeniert und Nicole Atkins’s Musik wurde sogar irgendwo treffend beschrieben als der Soundtrack für eine Neuversion von Grease, wenn Lynch sie gedreht hätte. Aber nun zur Musik.

Schon dem Opener Maybe Tonight gelingt etwas, was in der Popmusik immer seltener wird: Er lässt Bilder im Kopf entstehen. Transparent und locker schwebend benutzt Atkins ihre Stimme, um den Hörer zu leiten, ja, beim Geniessen zu unterstützen, aber nie zu dominieren. Das nächste Stück, Tonight we’re both alone, schwankt zwischen Melancholie und Hilflosigkeit. Passend zum Text über den Versuch, eine Beziehung zu retten, was sich schliesslich als aussichtslos herausstellt. Wieso Atkins als wichtigen Einfluss David Lynchs Hauskomponisten Angelo Badalamenti angibt, wird jedem, der Lynchs Werk kennt, beim Stück Neptune City klar. Die klagende Hommage an ihre Heimatstadt erinnert deutlich an die stimmungsvoll wabernden Klänge, die Badalamenti für Twin Peaks schrieb. Grosses Kino einer jungen Sängerin, die wie das musikalische Vorbild sizilianische Wurzeln hat. Badalamenti meint dazu augenzwinkernd, seine und Nicole’s Vorfahren müssten irgendwann zusammen gepicknickt haben und danach, sie wissen schon was getan haben.

Auch die erste Singleauskoppelung The Way it is überzeugt mit einer wunderschön melancholischen Melodie, die schlicht umhaut. Wenn Atkins gegen das Einmischen in ihre Angelegenheiten singt, leidet man mit ihr. Vielleicht ist genau hier das Geheimnis hinter der schwarzhaarigen Amerikanerin versteckt; sie wirkt immer authentisch und ehrlich. Neptune City ist eine Sammlung wunderschöner Songs für alle, die melancholische Musik und David Lynch mögen. Nicole Atkins hat hier ein bemerkenswertes, durchaus gelungenes Debüt vorgelegt.

Hörprobe auf CeDe.ch

Nicole Atkins

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