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17. Februar 2017, 10:46 Kultur Movie

Berlinale 2017: Tag 1

Christine Albrecht - Nach sehr wenig Schlaf sitze ich zwischen gut ausgeruhten Journalisten in meinem ersten Film der diesjährigen Berlinale. Mehr oder weniger direkt vom Nachtzug hat es mich bereits ins erste Kino verschlagen. Das Saallicht wird gedimmt, der Film beginnt. Hoffentlich schlafe ich nicht ein.

Nachdem ich die letzten beiden Jahre Filmen, Regisseuren und Schauspielern nachgehetzt bin, versuche ich mich dieses Jahr in einer neuen Herangehensweise. Ohne auf Sektion oder Synopsis der Filme zu achten, lasse ich mich von Film zu Film treiben. Was gerade läuft, wo es gerade Platz hat. Alles sehen, das bleibt beim immensen Programm der Berlinale sowieso Utopie. Mal sehen, ob und wie sich diese Taktik bewährt.

Den ersten Film, den ich im Berlinale Palast sehe, ist Joaquim, Teil der Wettbewerbsektion. Sein Promobild, das mich irgendwie an Technicolor-Western erinnert, genügt um mich zu überzeugen.
In der Brasilianisch-Portugiesischen Produktion von Regisseur Marcelo Gomes geht es um den Brasilianischen Freiheitskämpfer Joaquim José da Silva Xavier (Tiradentes). Als junger Lieutenant wird er im Brasilien des 18. Jahrhunderts auf die Suche nach neuen Goldadern geschickt. Je länger diese Expedition im Niemandsland dauert, desto verzweifelter werden er und seine Männer. Auch wächst Joaquims Unmut mit der Unterdrückung der Kolonialherren, bis er schliesslich Führer einer Gruppe Verschwörer und später zum Helden einer ganzen Nation wird.

Leider fiel es mir sehr schwer zur Geschichte und den Figuren einen Zugang zu finden, wohl, weil mir ein persönlicher Bezug zu Brasilien und seiner Geschichte schlichtweg fehlt. Dafür bietet die äusserst photogene brasilianische Wildnis atemberaubende Bilder. Eingeschlafen bin ich also trotz akutem Schlafmangel nicht.

Tom Schilling in Der gleiche Himmel © Bernd Schuller

Später am Nachmittag schaue ich mir innerhalb der Sektion Berlinale Special Series die deutsche Serie Der gleiche Himmel an. Regisseur Oliver Hirschbiegel und Creator Paula Milne schicken darin den Romeo-Agenten Lars Weber (Tom Schilling) in den 1970er-Jahren nach Westberlin um die NSA-Mitarbeiterin Lauren Faber (Sofia Helin) zu verführen und so an essentielle Informationen zu gelangen.

Die ersten beiden Episoden bieten zwar interessante Themen in einem äusserst interessanten Kapitel der Deutschen Geschichte, doch wirkt das Ganze dann doch zu gestelzt. Zu aufgesetzt sind die Dialoge, was auch daran liegen mag, dass die Drehbuchautorin kein Deutsch spricht. Vergleicht man die Serie mit ihrem Pendant Deutschland 83, das 2015 seine Premiere auch an der Berlinale feierte, fehlt den ersten beiden Episoden dessen Herz und Authentizität.

An meinem ersten Tag an der Berlinale war ich also bereits in der Brasilianischen Pampa des 18. Jahrhunderts und im geteilten Deutschland der 1970er-Jahre. Wohin es mich als Nächstes verschlägt, erfährt ihr demnächst hier.

  • Joaquim (Wettbewerb)
Marcelo Gomes: Brasilien / Portugal 2017
mit Julio Machado, Isabél Zuaa, Rômulo Braga, Welket Bungué

  • The gleiche Himmel / The Same Sky (Berlinale Special)
Oliver Hirschbiegel/ Paula Milne: Deutschland / Tschechische Republik 2016
mit Tom Schilling, Sofia Helin, Friederike Becht, Ben Becker

Titelbild: Julio Machado, Rômulo Braga, Nuno Lopes in Joaquim © REC Produtores & Ukbar Filmes

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