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21. November 2017, 15:39 Campus Kultur

Ist der Herbst-Blues bloss erfunden?

Gina Marti - Der Nebel hängt zwischen den Dächern. Unsere Mundwinkel sinken ähnlich der Anzeige auf dem Thermometer nach unten. Aber hängt dieses Stimmungstief wirklich mit der Jahreszeit zusammen oder hat sich das jemand ausgedacht, der einfach eine Entschuldigung für seine schlechte Laune gebraucht hat?

Wir sehnen uns nach lauen Sommerabenden inklusive unseren Freunden und einem oder zwei Bierchen. Die kommende Lernphase ist dabei wirklich keine Hilfe! Doch ist wirklich der Herbst der Übeltäter bei diesem Trauerspiel?

Bei der Psychologischen Beratungsstelle der ETH Zürich und der Universität Zürich setzt sich Dian Ngurah Alit tagtäglich mit Stimmungstiefs und anderen Problemen, die Studierende belasten, auseinander. Sie hat sich die Zeit genommen und mit uns ein paar Erkenntnisse zum Herbst-Blues geteilt.

students.ch: Nehmen Studierende ihr Angebot im Herbst häufiger in Anspruch?
Dian Ngurah Alit: Grundsätzlich melden sich Studierende während den Vorlesungszeiten häufiger als während den Semesterferien. Die häufigsten Neuanmeldungen für ein Beratungsgespräch erhalten wir während den Monaten April und November, wobei die Anmeldezahlen im November leicht erhöht waren im vergangenen Jahr.

Mit welchen Problemen treten Studierende während des Herbstsemesters am häufigsten an Sie heran?
Die Problembereiche Familie und Beziehung zählen zu den häufigsten Anmeldegründen. Zu Beginn des Herbstsemester geht es häufig auch um die Themen Prüfungsversagen bei nicht bestandenen Prüfungen, sowie bei den Erstsemestrigen um die Themen Studienwahl. Gegen Mitte und Ende des Semesters treten aber auch häufiger die Themen Prüfungsdruck, Prüfungsangst oder Prüfungsrepetition auf.

Wo sehen Sie die Gründe für Stimmungstiefs im Herbst?
Stimmungstiefs im Herbst können unterschiedliche Ursachen haben und sind im Einzelfall zu prüfen. Naheliegend erscheint, dass kältere Temperaturen, der Wechsel von Sommer auf Winter und damit verbundene verkürzte Sonnenstunden Auswirkungen auf unser Denken, Fühlen und Handeln haben. Beispielsweise kann die Tendenz nach Passivität und Rückzug Stimmungstiefs ebenso mitverursachen wie der Umstand, dass Tageslicht oder direkte Sonneneinstrahlung für den Hormonhaushalt von Bedeutung sind. Ein Mangel dessen wiederum unsere Stimmung beeinflussen kann. Die saisonale Depression, welche meist häufig während den Wintermonaten auftritt, kann demnach solch äusseren Einflüssen zugeschrieben werden. Eine saisonale Depression kann aber auch mit innerpsychischen Themen in Zusammenhang stehen und durch solche mitbedingt sein. Eine genaue Abklärung empfiehlt sich hier im Rahmen der Psychologischen Beratungsstelle oder in Form eines Abklärungsgesprächs bei einem niedergelassenen Psychologen oder Psychiater.

Wir von students.ch raten: Wenn ihr euch also auch während des Herbstes bedrückt fühlt, muss das nur bedingt mit der Jahreszeit zusammenhängen. Falls ihr die ETH oder UZH besucht, könnt ihr euch ungeniert hier melden. Aber auch an vielen weiteren Hochschulen findet ihr Unterstützung und Beratung. Ihr könnt aber auch versuchen, zuerst selbst gegen die Antriebslosigkeit vorzugehen: Mit viel Bewegung an der frischen Luft, vitaminreichen Snacks und einem geilen Soundtrack für die kalten Tage kann man schon echt viel bewirken. Probiert es doch einfach aus und trotzt dem Herbst-Blues – ganz egal ob ihr jetzt an ihn glaubt oder nicht.
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