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15. Juli 2008, 20:37 Music Konzert

Die Ärzte @ Wulheide Berlin, 11. Juli

Patrick Holenstein - Berlin, 17 Uhr, es regnet, die Frisur hält! Ideale Bedingungen also, um sich den Freuden eines Open Airs hinzugeben. Was wäre ein Open Air denn ohne schlammverschmierte Schuhe, völlig durchnässte Klamotten und der ständigen, saunaartigen Hitze unter dem Regenmantel? Doch dan...

Berlin, 17 Uhr, es regnet, die Frisur hält! Ideale Bedingungen also, um sich den Freuden eines Open Airs hinzugeben. Was wäre ein Open Air denn ohne schlammverschmierte Schuhe, völlig durchnässte Klamotten und der ständigen, saunaartigen Hitze unter dem Regenmantel? Doch dann, dann kam die Wende und das Leid ging zu Ende:

Der Regengott, wie immer der auch heissen mag, scheint Punkfan zu sein, denn zwei Stunden vor Konzertbeginn stoppte der Regen und er blieb gestoppt. Und mal ehrlich, die klassischen Open Air Attitüden in allen Ehren, aber so trocken und im T-Shirt macht’s einfach mehr Spass.

Drei Halbgötter in Schwarz

Wir waren noch keine zehn Minuten im Halbrund der Kindlbühne auf der Wuhlheide, als die Show startete. Bei der ersten Hälfte von Himmelblau verdeckte noch ein Vorhang die Bühne, doch dann traten die Hauptakteure ins Rampenlicht. Farin Urlaub, Bela „Der Graf“ B. und Rodrigo Gonzales. Drei Halbgötter in Schwarz, mal abgesehen von Bela, der eine sehr dunkle, nicht einzuordnende Uniform trug. Als drittes Lied brachten sie als ersten Höhepunkt Hurra und jeder der 17'000 Konzertbesucher sang mit. „Ihr seid super“, meinte Farin darauf, „wir spielen heute eine etwas andere Setlist. Dafür haben wir zwei Monate geprobt, aber ihr habt das verdient!“ Es folgte Ein Lied für dich, einer der eher seltenen Songs in ihrem Live-Repertoire. Kurz darauf begannen auch schon die typischen Spielchen. Wer die Ärzte kennt, weiss, dass sie es lieben, Wellen durch den Zuschauerraum kreisen zu lassen. Erst wollte Farin es mit den Händen, dann sollte die Menge sich kurz in die Hocke setzen und gleich wieder aufstehen. Etwas schräg, aber witzig wirkte es schon. Dafür gab’s dann Hit um Hit. Meine Freunde, ½ Lovesong, Belas Hymne Der Graf, Mach die Augen zu, Westerland und nach 100 Minuten verabschiedeten sich die Jungs mit Revolution. Buhschreie liessen das Stadion erzittern und so standen die Drei bald wieder auf der Bühne. Einige weitere Songs folgten und Junge beendete dann die Zugabe.

Jetzt wären es aber nicht die Ärzte, wenn das schon alles gewesen wäre. Der Titel des Songs, der die zweite Zugabe eröffnete, traf wohl auf keinen der Anwesenden zu: Langweilig. Und auch dieser Block wurde mit einem Klassiker beendet. Mit der Sitz-Laolah. Farin forderte den gesamten Zuschauerraum auf, sich hinzusetzen. Was so ca. 98% auch taten. Das allein ist schon beachtlich. Die ersten Klänge von Unrockbar schwebten durch die Wuhlheide und beinahe wären schon einige wieder aufgestanden, konnten sich aber kurz beherrschen. „....du bist unrockbar!“ war das Zeichen und alle sprangen kollektiv auf. Irgendwie klappt das jedes Mal beeindruckend gut. Gut zweieinhalb Stunden waren gespielt, als sie sich wieder verabschiedeten.

Dritte Zugabe

Einige Minuten vergingen, dann betrat plötzlich Rod die Bühne. Er setzte sich ans Keyboard und begann Dinge von denen zu spielen, während Farin als Elefant und Bela als Känguruh verkleidet um ihn herum hüpften. Dies eröffnete ein Bouquet an Hits. Auf Wir sind die Besten folgte Schrei nach Liebe und Zu spät, welches Konzerte der aktuellen Tour normalerweise beendete. Nicht in Berlin. Nach schon fast drei Stunden Spielzeit schickte „Die beste Band der Welt“ ihre Jünger mit Teenagerliebe und Vorbei ist vorbei in die Nacht.

Manchem schwirrten auf dem Heimweg wohl die eben gehörten Songs im Kopf herum. „Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist wie sie ist, es wär nur deine Schuld, wenn sie so bleibt“, übernahm diese Aufgabe bei mir. Ein weiteres Mal haben die Ärzte deutlich gezeigt, was ihre Faszination ausmacht. Sie unterhalten und genau das ist ihr Ziel. Nicht mehr und nicht weniger. Ihnen ist klar bewusst, dass es bessere Musiker gibt und dass es bessere Sänger gibt, aber was die Entertainerqualitäten angeht, müssen sie sich vor niemandem verstecken. Dass sie sich dabei selber nicht ernst nehmen, verstärkt nur noch ihr Charisma. Die Ärzte in ihrer Heimatstadt Berlin zu sehen ist sicher etwas Spezielles, irgendwie ist ihre Spielfreude noch besser spürbar, wenn sie ein Heimspiel haben.

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