21. Juli 2008, 13:28 Movie

Andy braucht Geld. Für seinen gehobenen Lebensstandard und für diverse Drogen, die er konsumiert. Das wird insbesondere jetzt zum akuten Problem, da sich das Finanzamt eingeladen hat, um die Unterlagen der Firma zu prüfen, in welcher er im Kader arbeitet. Andy (Philip Seymour Hoffman) weiss: innert Kürze werden sie festgestellt haben, dass Geld fehlt. Viel Geld. Geld, das Andy höchstpersönlich abgezwackt hat. Auch Hank braucht Geld. Ein Lotterleben zu führen ist eben auch nicht mehr gratis, Alkohol schon gar nicht und mit den Unterhaltszahlungen für seine Tochter ist er bereits seit Monaten im Rückstand.So unterschiedlich die beiden Brüder sind, so kongruent sind ihre Probleme: Geld. Andy hat einen Plan: Was liegt denn näher, als den Juwelierladen ihrer Eltern auszurauben? Schliesslich ist der Klunker versichert und es sind immerhin 500'000 Dollar zu holen. Andy muss viel Überzeugungsarbeit leisten, um seinen jüngeren Bruder zu gewinnen, der den Plan ausführen soll. Geldnot und Skrupel gegeneinander abwägend, willigt Hank (Ethan Hawke) schliesslich ein, traut der Sache jedoch immer noch nicht so ganz und engagiert seinerseits Bobby, einen kleinkriminellen Kollegen, der den Überfall durchführen soll, während Hank im Auto wartet. Doch aus dem vermeintlich „perfekten“ Raub wird nichts. Als Hank nervös im Auto sitzt, fallen plötzlich Schüsse. Bobby hat entgegen der Abmachung seine Knarre mitgenommen und seine Mutter hat – typisch amerikanisch eben – ein Schiesseisen in der Schublade. Beim Schusswechsel werden beide getroffen und liegen blutend am Boden.

Der Überfall geschieht bereits in den ersten paar Filmminuten, dann versucht Regisseur Sidney Lumet durch multiple Sprünge auf der Zeitachse den Kontext, die Vorgeschichte und die Folgen klarzumachen und die einzelnen Fragmente zu einem stimmigen Gesamtbild zusammenzufügen. Dadurch geht jedoch viel an Konstanz und Kontinuität verloren, der rote Faden löst sich in einzelne Fasern auf; auch die Spannung leidet, da man den Überfall beinahe kontextlos präsentiert bekommt und beim nachfolgenden „Drumherum“ die Neugierde auf das Folgende fehlt. Dem Zuschauer wird nur jeweils ein Puzzlestück präsentiert – wo es tatsächlich hingehört, weiss man erst im Nachhinein. „Before the devil knows you’re dead“ ist übrigens auch nur ein Fragment – vervollständigt lautet der irische Trinkspruch, welcher andeutet, dass eigentlich alle Menschen Sünder sind: „May you be in heaven half an hour before the devil knows you’re dead“.

Was als Thriller beginnt, entpuppt sich nach und nach als Familientragödie. Mutter Nanette von der Kugel getroffen, Vater Charles ist ein gebrochener Mann, die Söhne bleiben pleite, Andy ist wütend, Hank verzweifelt und verstört. Zuerst wird durch die Tragödie der Familienzusammenhalt scheinbar gestärkt, dann beginnt die Familie mehr und mehr auseinanderzubrechen. Da für Charles (Albert Finney) die polizeilichen Ermittlungen zu wenig rasch vorankommen, beschliesst er, selbst die Fährte nach den Tätern aufzunehmen und seine Frau zu rächen. Ab da wird es richtig spannend; der Film kriegt neuen Schwung, das letzte Drittel besteht nicht mehr aus wild zusammengeschnittenen Szenen, sondern aus einem chronologischen Handlungsstrang. Neben den grossartigen Schauspielern überzeugt Before the devils knows you’re dead durch ein ausgezeichnetes, sehr schlüssiges Ende und entschädigt damit für den durch den Fleischwolf gedrehten Beginn.

Bewertung: 3.5 von 5

• Originaltitel: Before the devil knows you’re dead
• Dauer: 117 Minuten
• Land: USA
• Regie: Sidney Lumet
• Darsteller: Philip Seymour Hoffman, Ethan Hawke, Albert Finney
• Verleih: Ascot Elite
• Start: 24.7.2008