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15. November 2006, 00:00 Movie

Anuk - Der Weg des Kriegers

Joel Bedetti - Luke Gasser, Vorzeigeregisseur des schweizerischen Independent-Films, geht mit Anuk weiter zurück als je zuvor in seinen Geschichten. Das Projekt „Mad Max in den bronzezeitlichen Alpen“ gelingt. William Wallace? Nein, Ex-Krokus Sänger Marc Storage als Schamane „Geisterzun...

Luke Gasser, Vorzeigeregisseur des schweizerischen Independent-Films, geht mit Anuk weiter zurück als je zuvor in seinen Geschichten. Das Projekt „Mad Max in den bronzezeitlichen Alpen“ gelingt.

William Wallace? Nein, Ex-Krokus Sänger Marc Storage als Schamane „Geisterzunge“!

2300 v. Christus: In Ägypten baut man Pyramiden, in Palästina entstehen die ersten Stadtstaaten, in Griechenland blüht mit den Minoern die erste Hochkultur Europas auf. In den Alpen haben unsere Vorfahren derweil knapp die neolithische Revolution, die Übernahme des Ackerbaus, hinter sich.

Anuks Vater Pe-Kai, Führer des Bergvolkes der Naluk, hat seinem Sohn alles beigebracht, was er konnte. Der alte Herr steht kurz davor, zu seinen Ahnen zurückzukehren. Seine Nachfolge ist umstritten. Es kommt zum Machtkampf um die Nachfolge Pe-Kais zwischen Anuk (Luke Gasser) und dem intriganten Moa-Te. Nach einer Jagd, auf welcher sich die Anwärter als neuer Führer profilieren sollen, finden sie ihr Dorf in Schutt und Asche. Die Einwohner sind auf den eigenen Schutzpfählen aufgespiesst, die jungen Frauen verschleppt worden. Der Genozid ist das Werk eines geheimnisvollen neuen Volkes, welches auf „Hirschen ohne Geweihe“ reitet – denn Pferde sind den Alpenbewohnern bis dato unbekannt.

Die beiden Rivalen machen sich auf die Suche nach den Frauen. Wäre doch schade, finden sie, wenn das Volk der Naluk aussterben würde – nachdem es sich im langjährigen „Bergkrieg“ gegen sieben andere Stämme behauptet hat. Will heissen: alle anderen Völker abmassakriert hat. Nach längerer und ergebnisloser Suche gibt Moa-Te die Suche auf, trennt sich mit seinem Diener von Anuk - und verfällt endgültig den Mächten des Bösen. Anuk aber gibt die Suche nach den Überlebenden seines Stammes nicht auf: Er geht den Weg des Kriegers.

Regisseur Luke Gasser (siehe auch Interview) erzählt mit Anuk eine Geschichte, welche in weiten Teilen selbst einem archaischen Mythos nahe kommt. Ein Krieger macht sich auf die Suche nach seinem Volk und wird auf seiner Odyssee mit urmenschlichen Ängsten und existenziellen Bedrohungen konfrontiert. Anuk muss Verführungen und bösen Geistern widerstehen, erlebt Verrat, findet eine Frau, übt Rache und vereinigt schlussendlich sein Volk wieder.

Wäre John Rambo 2300 vor Christus geboren – er würde Anuk heissen.

Das Darstellerensemble ist ein Stelldichein von Musikern jeglicher Couleur. Stephan Eicher mimt den Händler Hekja; der Sänger von Krokus, Marc Storage, spielt ein Schamane; Baschi-Freundin Katy Winter spielt Kaliija; Meha alias Rocksuperstar Doro schliesslich ist die Geliebte des Anuk, welcher von Regisseur, Drehbuchautor und Rockmusiker Luke Gasser gespielt wird. Komplettiert wird der Cast durch bewährte Laiendarsteller, deren urchige Gesichter aus Gassers Filmen nicht mehr wegzudenken sind. Gerade Sie überzeugen in ihrer schauspielerischen Darstellung mehr als die Gaststars aus dem Showbiz.

Auch wenn die Frühhistoriker den Entscheid der Filmemacher begrüssen, hochdeutsch zu sprechen, anstatt dem archaischen Klang der in Tat und Wahrheit jüngeren Bergdialekte zu verfallen, ist der Einsatz des Hochdeutschen aus akkustisch-ästhetischen Gründen streitbar. Die teilweise etwas unbeholfenen Gebärden einiger schauspielernden Musiker lassen ein paar Einstellungen in Anuk etwas unmystisch erscheinen. Vertrieben werden diese wenigen „bösen“ Geister jedoch in den zahlreichen Kriegs- und Jagdszenen, von denen der Film lebt. Hier erzeugt Luke Gasser Hochspannung à la Hollywood - mit klirrendem Schlachtengetümmel und einem dröhnenden Soundteppich, der unter die Haut geht.

Auf erzählerischer Ebene wagt der Regisseur einen geradezu postmodernen Schritt, den nur wenige Streifen des Genres wagen - und der ihm dementsprechend hoch anzurechnen ist. Mit dem physischen Erscheinen eines bösen Geistes und dem Tod zweier Feinde, welche von Pfeilen einer jenseitigen Kraft durchbohrt werden, beschreibt Anuk nicht die Vorstellungswelt bronzezeitlicher Gesellschaften, sondern taucht selbst in deren archaische Logik ein.

Fazit: Eine bronzezeitliche Odyssee in den Schweizer Alpen, Reiterschlachten à la Gladiator – alles andere ist eigentlich unwichtig.

Archaisch und mystisch: Die letzte Schlacht des Bergkrieges oder das Massaker der Naluk

Bewertung: 4 von 5

Genre: archaischer Actionfilm

Land: CH

Regie: Luke Gasser

Darsteller: Luke Gasser, Doro Pesch, Marc Storage, Katy Winter, Stephan Eicher u.a.

Dauer: 92 Minuten

Kinostart: 16.11.2006

Links

Quelle: http://www.frenetic.ch (Link)
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