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2. Oktober 2008, 00:44 Konzert Music

Review: Rocky Votolato / Keith Caputo @ Abart, 29.09.

Patrick Holenstein - Die Lichter erlöschen. Nichts passiert. Einige Minuten später schlurft jemand auf die Bühne; keiner reagiert. Als wäre er ein Roadie agiert der Typ, greift nach einer Gitarre und streift über die Saiten, stimmt das Instrument noch etwas nach und nickt zufrieden. Dann tritt e...

Die Lichter erlöschen. Nichts passiert. Einige Minuten später schlurft jemand auf die Bühne; keiner reagiert. Als wäre er ein Roadie agiert der Typ, greift nach einer Gitarre und streift über die Saiten, stimmt das Instrument noch etwas nach und nickt zufrieden. Dann tritt er ans Mikrophon. „Hi everybody, i’m Rocky Votolato from Seattle“, gibt er bekannt und beginnt zu singen. In bester Folkmanier steht er alleine auf der Bühne und erzählt Geschichten, mischt unter sein Set den einen oder anderen Protestsong und überzeugt durch die Kombination aus seiner Musik und seinem schelmischen Auftreten. Kein Wunder, dass der sympathische Amerikaner angehimmelt wird. Ganz vorne am Bühnenrand stehen einige junge Frauen, die jedes Wort mitsingen und Rocky bejubeln. Es sei ihm gegönnt. Ein kleiner Wehmutstropfen am Konzert ist, dass Song für Song sehr ähnlich klingt, was sich deutlich im steigenden Lärmpegel manifestiert. Je länger je mehr wird das Publikum unruhig. Nach einer knappen Stunde bedankt sich Votolato artig und verlässt die Bühne. In Windeseile steht er aber wieder da und meint augenzwinkernd, es sei ihm erlaubt worden, einen weiteren Song zu spielen. Sagts und stimmt Mix Tapes an. Dann ist Part eins der Show vorbei. Rocky Votolato übergibt das Zepter an Keith Caputo.

Der hat so gar nichts von einem Folkpoeten an sich. Er verkörpert schon eher den stereotypen Rocker. In weissem Schlabberpulli, den schwarzem Hut tief ins Gesicht gezogen, torkelt er fast auf die Bühne. Obligat unrasiert und die schwarzen Haare ungebändigt unter dem Hut versteckt, die Schnapsflasche schwenkend, tritt er an den Bühnerand und lässt sich erst einmal feiern. Der Life of Agony Sänger scheint auch als Solointerpret viele Fans zu haben. Bezeichnenderweise stehen jetzt eher Männer vor der Bühne. Keith und seine Band legen deutlich rockiger los. Kill with god heisst der Eröffnungssong. „Wie kannst du in Gottes Namen töten?“ fragt er im Text. Dass die Verehrung, die Keith vom Publikum entgegenschlägt, selber teilweise einer religiösen Götzenverehrung nahe kommt, passt in paradoxer Weise zum Songtitel. Immer wieder muss Keith Hände schütteln und Leute umarmen, er teilt mit dem Publikum seinen Schnaps und freut sich über die Zustimmung, die ihm entgegen schlägt. Keith, der einen Kopf kleiner ist, als der Rest der Band, wirbelt wie wild über die Bühne, schiebt aber immer auch wieder ruhigere Passagen ein, wie bei Crawling vom aktuellen Album A Fondness for Hometown Scars oder der Ballade Always. Die Band legt aber auch immer wieder ziemliches Tempo vor. Treibend und druckvoll zelebrieren sie feinsten Rock mit ausgedehnten Solis. Mit Son of a gun geht das offizielle Set zu Ende. Bald steht die Band wieder auf der Bühne und eröffnet die Zugabe mit Troubles Down. Vor dem letzten Song malträtiert Keith sein Mirko verbal, sieht es ein und entschuldigt sich, er sei ein bisschen betrunken und würde wohl zu viel reden. Zum Schluss performed Keith Selfish, nur vom Gitarristen unterstützt. Ein letztes Mal versetzt Keith seine Anhänger in Staunen, bringt sie sogar dazu, ihn Choral zu unterstützen. Dann ist nach gut 100 Minuten Schluss. Zurück bleibt eine kleine, aber überwältigte Menge, welche bis zum Schluss ausgehalten hat, denn viele mussten das Abart vorzeitig verlassen, um den letzten Zug zu erreichen.

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