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2. Dezember 2009, 00:47 Konzert Music

Review: Bela B @ Alte Börse Zürich, 28.11.09

Patrick Holenstein - Wer Sprüche unter der Gürtellinie und platte Kalauer erwartet hatte, der wurde über weite Strecken enttäuscht, denn Bela B nimmt seine Sache sehr ernst. Das wird vom Publikum goutiert und es trägt den selbst betitelten „Humanboss“ von Beginn an auf einer Welle bedingungs...

Wer Sprüche unter der Gürtellinie und platte Kalauer erwartet hatte, der wurde über weite Strecken enttäuscht, denn Bela B nimmt seine Sache sehr ernst. Das wird vom Publikum goutiert und es trägt den selbst betitelten „Humanboss“ von Beginn an auf einer Welle bedingungsloser Unterstützung. Das passt zu Belas Publikum, jenes Publikum, das sich so bunt zeigt wie kaum ein anderes. Da ist der blonde Afro-Träger, der sich mit dem Yuppie unterhält, daneben stehen zwei Punks, die für ihre Haarkämme wohl Beton als Frisiermittel verwendet haben und sich diebisch auf das Konzert zu freuen scheinen, aber auch Menschen, die aus jeder x-beliebigen Gemeinde den Weg nach Zürich gefunden haben, amüsieren und unterhalten sich. Alles in allem also genau jene Mischung, die man sich für Konzerte wünscht, denn so friedlich, wie es am Konzert von Bela ist, ist es höchstens noch bei seiner Stammband. Aber zur Musik.

Es wird dunkel und ein Schweinwerfer strahlt von hinten auf eine runde Leinwand, die zentral in der Mitte der Bühne postiert ist. Dann zeichnet sich ein Schatten ab. Zu dem Zeitpunkt stehen Los Helmstedt, Belas Hausband, schon längst bereit und untermalen das Schattenspiel musikalisch. Die Humanboss-Schreie im Publikum verraten, was kommen muss, denn offensichtlich sind manche der Anwesenden nicht auf dem ersten Konzert der Tour - jedenfalls, wenn man den Aufschriften der T-Shirts glauben schenkt. Und so wundert es kaum, dass Rockuhila, der herrlich überspitzte erste Song der aktuellen CD, Code B, auch hier als Eröffnung genutzt wird. Dann bricht Bela durch die dünne Leinwand und steht in Fleisch und Blut und einem kitschig-weissen Anzug auf der Bühne. Doch es sollte modisch noch schlimmer kommen. Aber dazu mehr bei den Zugaben.

„Ich freue mich, in eure glücklichen Gesichter zu sehen. Sie werden in zwei Stunden nicht mehr dieselben sein“, wendete sich Bela ein erstes Mal ans Publikum: „Denn dann werden sie von mir enttäuscht sein!“, fügte er ironisch an. Was dann folgt, hinterlässt ein leicht gemischtes Gefühl. Als erstes muss man sich klar machen, dass Bela solo wenig mit den Ärzten zu tun hat und wer sich auf Lieder aus dem Repertoire der Berliner gefreut hatte, der wird enttäuscht nach Hause gegangen sein. Aber auch der Sprüche klopfende und keine Gelegenheit für Seitenhiebe auslassende Bela ist nicht da, eher im Gegenteil, die wenigen Witzchen sind sogar sehr gelungen. Wenn Bela vor der Single 1..2..3.. das Publikum „Erstens, zweitens, Fotzelschnitte“ singen lässt, dann kann man nicht anders als zu schmunzeln. Aber nicht nur das, Bela hackt gegen Obama, weil er sich entschlossen hat, eine Vereinbarung gegen Landmienen nicht zu unterschreiben und widmet „Emmanuelle und ihrem Mann, der jetzt nicht mehr bei euch im Knast sitzt“ Liebe und Benzin (klar der beste Moment des Konzertes), bedankt sich bei einem alten Freund, der verstorben ist – gemeint ist damit Lee Hazelwood – und fordert das Publikum schon auf, für mehrere Zugaben zu schreien, bevor der letzte Song, Tag mit Schutzumschlag, überhaupt gespielt ist.

Sieben Zugaben spielen Bela B y los Helmstedt, darunter einen Song, den sie laut Bela auf der aktuellen Tour erst zweimal gespielt haben und es heute tun würden, weil sie einfach Lust auf Classic Rock hätten. I want you to want me, der Ohrwurm von Cheap Trick, wird dankbar aufgenommen und Zeile für Zeile mitgesungen. Die letzte Zugabe, Onenightstand, performt Bela in einem gelinde gesagt grauenhaften Disco-Glitzer-Anzug und einem von Licht reflektierenden Strasssteinchen übersäten Hut, der selbst den weissen Landschaden vom Anfang vergessen lässt. So würde er bestimmt keins der Titel gebenden Abenteuer bekommen. Dieses Outfit kann wohl nur mit Belas Selbstironie erklärt werden. Aber abgesehen von der modischen Extravaganz steht wohl mancher Zuhörer nach zwei Stunden da und ist zufrieden, denn sowohl Bela als auch die Band haben gezeigt, dass sie Musik machen können. Das Konzert war solide, hatte aber auch das Problem, dass in Belas Solowerk die eingängigen Melodien nicht häufig sind und vieles zu ähnlich klingt. Aber das machen sowohl Bela als auch die Band mit gezieltem Entertainment wett.

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