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25. März 2010, 16:54 Campus

Barnetta

students Redaktion - (Ro) Er wäre eigentlich ganz gerne mal Student gewesen. Doch Tranquillo Barnetta entschied sich gegen die Matura Typus C und für den Fussball. So büffelt er heute vor allem Ballgefühl und gehört dabei zu den besten der Welt. Diesen Sommer steht der 22jährige St.Galler mitte...

(Ro) Er wäre eigentlich ganz gerne mal Student gewesen. Doch Tranquillo Barnetta entschied sich gegen die Matura Typus C und für den Fussball. So büffelt er heute vor allem Ballgefühl und gehört dabei zu den besten der Welt. Diesen Sommer steht der 22jährige St.Galler mitten in der grössten Fussballparty, die wir in der Schweiz je gesehen haben. Mit Students.ch sprach er über die Vorfreude auf die EM – und über sein knapp verpasstes Studentenleben.

Students.ch: Schön dich mal in Person zu treffen! Zumindest das Bild von dir hängt hier eigentlich an jeder Hausecke.

Tranquillo Barnetta: (schmunzelt) Ganz ehrlich, da bin ich manchmal fast froh, dass ich nicht in der Schweiz wohne. Schon wenn ich am Flughafen ankomme, sehe ich als erstes mich und meine Nati-Kollegen riesengross an der Wand. Das ist schon speziell! Natürlich ist die Vorfreude auf die EM überall riesig und ich spüre auch, dass die ganze Schweiz darauf hinfiebert. Da gehören die ganzen Werbungen dazu. Es ist manchmal noch lustig, ich kann nämlich oft relativ gut unerkannt an den Plakaten vorbeispazieren.

Du steuerst damit auf einen weiteren Höhepunkt deiner Fussballerkarriere zu. Dabei wärst du doch beinahe mal einer von uns Studenten geworden!

Ja, das ist so! Ich wollte meinem Bruder nacheifern, die Kantonsschule machen und studieren. Doch genau zu der Zeit, als ich das erste Jahr die Kantons­schule in St.Gallen besuchte, waren wir mit der Junioren-Nationalmannschaft sehr erfolgreich und ich bekam Mühe, all die Termine unter einen Hut zu bringen. Dazu kam, dass ich am technischen Gymnasium acht Stunden Mathematik pro Woche hatte, und wenn du da eine Woche weg warst, hast du kein Wort mehr verstanden! Ich habe aber – und darauf bin ich doch ein bisschen Stolz – das erste Jahr hauchdünn überstanden (lacht). Dann musste ich aber aus zeitlichen Gründen damit aufhören, um Fussball spielen zu können.

Du hast dich damit gegen die geistige und für die körperliche «Arbeit» entschieden. Vermisst du die Kopfarbeit nicht manchmal?

Ich muss jetzt natürlich zugeben, dass mir das Lernen schon nicht so leicht gefallen ist. Neben dem Fussball versuche ich aber trotzdem, immer mal wieder etwas für den Kopf zu tun. Ich habe zum Beispiel Italienisch gelernt. Und gerade eben – gut, ihr Studis lacht jetzt vielleicht – habe ich in Köln auf dem Rhein die Bootsprüfung gemacht und musste ordentlich Theorie büffeln! Aber das hat richtig gut getan. Ich habe mir dafür sogar Lernkärtchen gemacht!

Oh, Kapitän Barnetta! Gratuliere. Du hast dich gegen ein Studi-Leben entschieden. Durch deinen Bruder, der in Zürich studiert, bekommst du aber bestimmt ein paar Einblicke ins Leben der Studenten. Wie erlebst du uns Studis so?

Ich finde wirklich alle Studenten, die ich kenne, richtig cool. Die haben Spass am Leben und man schafft es irgendwie, dauernd Party zu machen und trotzdem im richtigen Moment Gas zu geben mit dem Lernen. Ich war mit meinem Bruder natürlich auch schon an Studi-Parties in Zürich, und das waren immer lustige Ausflüge. Oder das Leben in der WG und wie die es immer schaffen, trotz dem kleinen Budget den Kühlschrank schön voll zu behalten… Das hat mich immer beeindruckt!

Ich habe gehört, du hast sogar deine Wohnung in Köln nach dem Vorbild der Studi-WG deines Bruders ausgesucht. Ist das so?

Ja das stimmt. Ich habe eine kleine Wohnung mitten in der Stadt, und ich habe versucht die Einrichtung so ein bisschen WG-mässig zu behalten. Ich habe zum Beispiel die Wände mit Postern und Konzerttickets tapeziert. Natürlich wohnen viele meiner Kollegen in etwas schickeren Wohnungen oder sogar in einem Haus. Da ich sehr zentral wohne, hat sich meine Wohnung aber als gern gesehene Übernachtungsmöglichkeit für meine Mitspieler etabliert. So kommt am Wochenende tatsächlich auch etwas WG-Feeling auf.

Köln hat eine riesige Studenten-Community. Spürst du das auch, oder bewegst du dich in anderen Kreisen?

Was ich sicher mitbekomme ist, dass du jeden Abend ausgehen kannst. Es gibt also zumindest viele Leute in Köln, die unter der Woche nicht aufstehen müssen (lacht). Und ich gehe schon gerne ins Studentenviertel, die kleinen Bars und die offenen Leute sind super.

Wie verläuft denn so ein Gespräch, wenn Fussballer und Jus-Studentin aufeinandertreffen?

Es gibt schon viele, die grosse Vorurteile gegenüber Fussballern haben. Arrogant, reich, und so weiter. Mit diesen Leuten sind die Gespräche natürlich kurz. Man trifft aber auch Leute, die es eben erst recht cool finden, dass ich einfach so in einer Bar anzutreffen bin. Übers Jus-Studium kann ich jedoch leider nicht gross mitreden!

Also kommen wir doch wieder zum Fussball. Die EM findet Anfang Juni statt, kurz nach Semesterende. Das ist auch die Zeit der Prüfungen und Abgabetermine. Bist du dir bewusst, dass wegen dir einige Studis ganz schön in Schwierigkeiten kommen, mit dem Lernen neben Fussball und Bier…

Ich hoffe doch, dass wenn wir Europameister werden, die Studis die eine oder andere schlechte Prüfung verkraften können! Nein, im Ernst: So wie ich euch Studenten kenne, wird es euch schon gelingen, unsere Mannschaft zu unterstützen und mitzufeiern – und nebenbei noch ein paar wichtige Prüfungen zu bestehen.

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