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12. März 2012, 14:25 Konzert Music

Schönes Set, bessere Feist, grossartiges Konzert

Patrick Holenstein - Die Kanadierin Feist hat der Schweiz auf beeindruckende Weise gezeigt, wieso sie so einen guten Live-Ruf hat. Das war Indiepop auf höchstem Niveau, voller Facetten und Tiefgang. Selbst das Fehlen der grossen drei Hits hat nicht gestört.

Die Show von Feist besteht im Grunde aus zwei Teilen, die auf jedes Konzert zutreffen, die aber im Volkshaus eine so perfekte Symbiose bilden, dass es erlaubt sein muss, kurz darauf einzugehen. Einerseits ist das die kreative visuelle Komponente. Mal werfen die Musiker Schatten auf die Leinwand, weil sie von vorne angestrahlt werden, oder sie werden von hinten gefilmt und live auf den Screen übertragen. Ihre Köpfe verschmelzen auf dem Bildschirm zur Hommage an Queens «Bohemian Rapsody» oder es erscheinen verschiedene Gemälde und Fotografien im Hintergrund. Der Videotechniker leistet ganze Arbeit. Er hebelt an Reglern, klickt auf Knöpfe und dreht an Rädchen, um Feist ins beste Licht zu rücken und das gelingt ihm ausgesprochen gut. So steigert sich durch die Synchronität des Lichts mit dem Schlagzeug sogar die Intensität bei «A Commotion», weil die Beleuchtung die zentralen Ausbrüche der Musiker visuell sekundengenau unterstützt.

Glasklare Abmischung

Der zweite Aspekt betrifft die Soundeinstellung. Schon länger habe ich kein Konzert mehr gehört, das so sauber abgemischt war. Feist ist von Beginn weg glasklar zu hören, auch in den hohen Tonlagen, das Schlagzeug klingt kräftig, ohne je zu dominieren, die Keyboards sind als Teppich stets gut wahrzunehmen und auch Trompete oder Mundharmonika sind nie zu laut. Selbst die feinen Nuancen der Tamburine und der brillant gefühlvollen Perkussion kann man detailliert heraus kristallisieren. Dazu kommen Mountain Of Man, die zurückhaltende, aber Akzente setzende Backing-Vocals-Truppe, die vom Tontechniker adäquat in Szene gesetzt wird.

Diese beiden Punkte machen zwar das Konzert zum Genuss, sind aber nur ein Teil des Ganzen. Ohne eine fabelhafte Band und eine umwerfende Feist ist natürlich nur die halbe Miete bezahlt. Mit «Graveyard» setzen Feist und ihre Mitmusiker nach drei Songs bereits einen ersten Höhepunkt. Die Ballade startet sehr gefühlvoll und leise und steigert sich langsam, aber stets der Thematik angepasst, zum Finale hin. Bemerkenswert ist wie präzise das Timing der Band sitzt und wie technisch stark sie ist. Da passt rhythmisch alles zusammen. 08/15-Schlagzeugeinsätze? Fehlanzeige. Variieren war das Ziel und das gilt für die ganze Band. Aber auch für die Songs. Feist und ihre Band voller Multiinstrumentalisten ändern die Songs im Vergleich zur neuen Platte mal mehr und mal weniger, aber wenn sie Anpassungen vornehmen, geben sie den Stücken dadurch (noch einmal) zusätzliches Leben.

Schönes Set, noch bessere Feist

Feist zelebriert Singspiele, lässt das Publikum beispielsweise ein A singen. Wäre an sich nichts Spezielles, allerdings steigert sie selbst die Vorgabe in beeindruckende Höhen und solange, bis ihre Stimme sich geschlagen geben muss. Damit unterstreicht sie die Qualität ihrer Stimme auf charmant selbstironische Weise. Feist gelingt es während der gesamten Show immer wieder mit ihrer Stimme innert Sekunden von einer leisen, beinahe zerbrechlichen Interpretation in eine felsenfeste und wuchtige zu wechseln. Wunderbar, ihr dabei zuzuhören. Und das passt zum ganzen Abend. Feist ist bestens gelaunt, witzelt und zeigt sich von ihrer besten Seite. Sie spielt praktisch die gesamte neue Platte «Metals» und einige alte Songs, auf die ganz grossen Hits verzichtet sie aber. Bewusst? Das spielt keine Rolle. Das Konzert hat jedenfalls auch so bestens funktioniert und zählt wohl für viele der Besucher bereits jetzt zu den Highlights des Jahres. Zumindest suggeriert dies der anhaltende Applaus am Schluss. Schönes Set, noch bessere Feist und eine bestechend grossartige Band.

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