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24. Dezember 2008, 22:48 Kultur

E Schtau vou Reh @ Theater Neumarkt

Robert Salzer - Wir befinden uns irgendwo im hintersten Ecken des Berner Oberlandes. Im Hintergrund hört man Kuhglocken, vor uns steht eine Parkbank. Der Knecht Jakob, gespielt von Ueli Jäggi, putzt den blauen Kachelboden, der die Bank umgibt. Dann tritt Jenny (Rahel Hubacher) ein, ein fünfun...

Wir befinden uns irgendwo im hintersten Ecken des Berner Oberlandes. Im Hintergrund hört man Kuhglocken, vor uns steht eine Parkbank. Der Knecht Jakob, gespielt von Ueli Jäggi, putzt den blauen Kachelboden, der die Bank umgibt. Dann tritt Jenny (Rahel Hubacher) ein, ein fünfundzwanzigjähriges Mädchen, setzt sich, kramt eine Zigarette aus ihrer Handtasche und beginnt zu rauchen. Jakob scheint dies gar nicht zu gefallen. Es beginnt ein langer, stotternder Monolog über die Gefahren des Tabakkonsums, bei dem man bemerkt, dass es um Jakob mental nicht ganz so gut bestellt ist. Im Laufe des Abends erfährt man dann auch mehr über Jenny, die nicht zum Spasse draussen auf dem Lande ist, sondern die Wahl hatte zwischen Psychiatrie und „Familienplatzierung für Drogensüchtige auf einem Bauernhof“. Sie hat sich für das zweite entschieden und nun sitzt sie hier mit Jakob. Ein sehr spezielles Gespräch entwickelt sich, in dem man immer mehr über die Charaktere erfährt.

Viel Action gibt es im Stück nicht, trotzdem hält es einen in seinem Bann. Manchmal jedoch passt ein Satz von Jenny, der eigentlich über Jakob gemeint war, auch zum Stück (im original Bernerdeutsch): „Du liirisch, u liirisch, u seisch keis Wort“. Die Akteure reden teilweise viel, ohne dabei etwas auszusagen.

Ueli Jäggi spielt den Jakob mit einer Intensität, die einen packt und auch Rahel Hubachers Jenny ist glaubwürdig und authentisch. Das gesprochene Bernerdeutsch ist noch vergleichsweise harmlos und so gut zu verstehen. Die vom Neumarkt-Co-Intendant Rafael Sanchez inszenierte Aufführung dauert etwas länger als eine Stunde und bringt dem Zuschauer ein Stückchen schweizer Kultur näher. Der Widerspruch zwischen Stadt und Land, zwischen Bauer und Drogensüchtiger wird dem Zuschauer vor Augen geführt, das ist kurzweiliger Heimatkundeunterricht. „Ich weiss nöd, wie mer hie chan lebe“, sagt Jenny einmal im Stück. Fragen wir uns das nicht alle irgendwann einmal?

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