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30. September 2014, 12:46 Movie Zurich Film Festival

Good Kill @ Zurich Film Festival

Murièle Weber - Während viele kleine Filme uns begeistert haben, können wir von einigen der grossen nur abraten. "Good Kill" ist einer davon.

Der Curser blinkt über der kleinen Figur eines Mannes in brauen sackartigen Kleidern. Was aussieht wie ein Computerspiel ist tödlicher Ernst, denn es handelt sich um das Kommandozentrum einer Drohnenüberwachung und das kleine Menschlein auf dem Bildschirm ist ein Terrorist. Wer hier am Choice-stick den Shootbutton drückt, tötet keine Avatare aus Pixel, sondern Menschen aus Fleisch und Blut.

Das versucht auch der Ausbildner seinen Rekruten gleich am ersten Tag einzuhämmern, also schreit er es von der Tribüne herunter. Aber ob sie der Verlockung widerstehen können, sich hier als allmächtige Richter über Leben und Tod aufzuspielen? Dies beantwortet der Film nicht. Denn dafür ist die Hauptfigur Thomas Egan (Ethan Hawk) moralisch viel zu korrekt.

Früher war Egan Kampfpilot, nun sitzt er täglich 8 Stunden in einem kleinen Container und radiert Menschen per Knopfdruck aus, die über 7000 Meilen entfernt in Afghanistan leben. Das belasten ihn sehr, deshalb trinkt er und wirft auch mal mit einer Flasche um sich. Das ist nicht nur ziemlich langweilig, auch visuell gibt der Film wenig her. Regisseur Andrew Niccol sieht sich mit einer der grössten Herausforderungen des Filmens konfrontiert, einen kleinen Raum visuell anregend in Szene zu setzen, und er versagt kläglich. Entgegnen halten könnte man dieser Kritik, dass Egans Leben nun mal eintönig ist. Das stimmt natürlich, ist aber nicht Grund genug die Szenen einfach nur abzufilmen, ohne sich wenigstens um eine eigene Bildsprache zu bemühen.

Aber kommen wir zur moralischen Frage des aktuellen Themas "Töten aus der Distanz", denn hier liegt die einzige Stärke des Films. Wer einige Zeit Kampfsport betrieben hat, weiss, dass die grössten Verletzungen oft nicht in "full-concact" Arten entstehen, sondern dort, wo eigentlich nur angetäuscht wird. Denn wer selber einmal eingesteckt hat, ist sich bewusster, was er anrichten kann, wenn er austeilt und ist daher vorsichtiger.
Der Film zieht die gleichen Analogien. Wer sein eigenes Leben im Kriegsgebiet aufs Spiel setzt und dabei zusehen muss, wie ein Mensch in Stücke gerissen wird, ist sich der Fragilität des Lebens bewusster, während 7000 Meilen entfernt am Bildschirm alles wie ein Spiel wirkt.

Und so entsteht das Kriegstrauma der Hauptfigur für einmal nicht aus den Gräueltaten des Krieges selber, sondern aus der Perfidität morgens aufzustehen und für acht Stunden in den Krieg zu ziehen, um abends nach Hause zu kommen und mit der Familie zu grillieren. Krieg zu führen, ist quasi sein Dayjob. Und an dem geht Thomas Egan langsam zugrunde.

In seiner Grundaussage aber ist der Film uramerikanisch. Obwohl oberflächlich das Töten aus der Entfernung angeprangert wird, endet der Film mit der Tötung eines einzelnen Mannes, worauf die Hauptfigur befriedigt in seiner Corvett dem Sonnenuntergang entgegenfährt. Was ist der Unterschied zu den anderen Tötungen? Dieses Mal hat es sich um einen "wirklich bösen Mann" gehandelt.

Der Film will uns folglich sagen, dass Soldaten nicht per se durchs Töten traumatisiert werden, sondern nur durch das Töten von Menschen, deren Schuld nicht belegt ist. Töten ist also okay, solange der andere Böse ist. Nur das erneut derjenige am Abzug über die Boshaftigkeit desjenigen im Fadenkreuzes entscheiden darf. Also "business as usual".

Weitere Vorstellungen:

  • Donnerstag 2. Okt. 17:30, Torso 1

Film läuft im Rahmen von Gala Premieren
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