Snow Patrol - A Hundred Million Suns
Simon Knopf - Selten konnte ein Album einem Rezensenten so viel Kopfzerbrechen bereiten wie Snow Patrols neustes Werk. Wie soll man einen Longplayer bewerten, dem der musikalische Biss offensichtlich etwas fehlt, der aber als Gesamteindruck doch eine wohlige Wärme hinterlässt? Was zählt unt...
Beim erstmaligen Durchhören von A Hundred Million Suns erweckt das Album stark den Eindruck, als sei da eine Band am Werk gewesen, der es lediglich ums Reproduzieren eines Hits ging. Konkret, man wird einfach das Gefühl nicht ganz los, als ob Snow Patrol auf ihrer neuesten Platte auf ein weiteres Chasing Cars hingearbeitet haben. Zu glatt, zu kalkuliert und vor allem zu kitschig, so das Fazit nach dem ersten 56 Minuten Durchgang. Während man bei der Band Kantigkeit und Freche von Final Straw vermisst trägt Vokalist Gary Lightbody ganz schön dick auf: „The Planets bend between us/and a hundred million suns and stars“, heisst es mal in The Planets bend between us. Nur eines von vielen Beispielen für Gestirns-, Himmels- und Raketen-Metaphern mit denen der Nordire in den Songs über Liebe und Beziehungen so um sich wirft. Man kann beinahe nicht umhin, sich vorzustellen, wie die Songs mit Slowmotion-Bildern von Grey’s Anatomie im Hinterkopf geschrieben wurden.
Bekanntlich ist aber kaum je ein Urteil eindeutig und so gelangt man eben auch bei A Hundred Million Suns an den Punkt, wo sich das Album plötzlich als Knacknuss herausstellt. Auf einmal kristallisiert sichnämlich der eine oder andere Ohrwurm heraus. Die erste Single Take Back the City oder Please just take… bestechen durch Zug und Gesangslinien, die sich einem im Kopf festsetzten. Und dann gibt es noch ruhigere Stücke wie The Golden Floor oder Engines, deren melodiösen Refrains wohl kaum jemanden unberührt lassen dürften.
Schliesslich findet man sich als Rezensent also in einer Zwickmühle zwischen Zweifeln auf musikalischer Ebene und Überzeugtsein bezüglich der Albums-Atmosphäre. Einerseits lässt sich nämlich bis zum Schluss nicht leugnen, dass die Deja-Vu-Momente in den Arrangements und Gesangslinien zu zahlreich sind – der Anfangsriff von Engines ist beispielsweise verdächtig nahe an jenem von Shut Your Eyes. Andererseits lässt sich aber genauso wenig leugnen, dass A Hundred Million Suns berührt. Die durchgehend herbstlich melancholische Stimmung und die Teils sehr schönen Melodien lassen einen nicht mehr so schnell los.
In so einem Fall macht sich am besten jede/r selber sein Bild!