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27. Oktober 2010, 09:54 Movie

DVD der Woche: The Visitor

Christina Ruloff - Das Trommeln in der U-Bahn: The Visitor erzählt die einfache, aber packende Geschichte eines Mannes, der zurück ins Leben findet. Das Indie-Juwel aus den USA hinterlässt auch beim wiederholten Schauen tiefen Eindruck und ist endlich auf DVD erschienen.Walter Vale (Richard Jenk...

Das Trommeln in der U-Bahn: The Visitor erzählt die einfache, aber packende Geschichte eines Mannes, der zurück ins Leben findet. Das Indie-Juwel aus den USA hinterlässt auch beim wiederholten Schauen tiefen Eindruck und ist endlich auf DVD erschienen.

Walter Vale (Richard Jenkins) navigiert sich seit Jahren mit einem Minimum an Emotionen und Engagement durch seinen Alltag. Der Wirtschaftsprofessor hält jedes Semester die gleiche Vorlesung und ist sich nicht zu schade, die alten Vorlagen jeweils in letzter Sekunde per Tipp-Ex auf den neusten Stand zu bringen. Um sich Kollegen vom Leib zu halten, fingiert er an einem neuen Buch zu schreiben. Doch Walter macht sich nichts vor – ihm fehlen Antrieb und Interesse für schlicht alles, ausser Musik. Und gerade dafür scheint er kein Talent zu haben. Eine lästige Verpflichtung für die Universität bringt ihn nach New York in seine Zweitwohnung. Dort haben sich Tarek und Zainab eingenistet – nicht ahnend, dass die Wohnung Walter gehört zahlen sie einem Betrüger Miete. Walter bringt es nicht übers Herz, das Liebespaar rauszuwerfen – insbesondere weil ihn Tareks Trommel fasziniert. Die beiden beginnen zusammen zu musizieren und kommen sich näher... bis ein dummer Zufall in der U Bahn dazu führt, dass Tarek verhaftet wird. Er ist illegal in den USA und soll nun ausgeschafft werden.

Ein Bild aus glücklichen Tagen: Walter und Tarek tollem zusammen.

The Visitor ist kein wohlmeinendes Paradebeispiel für Kulturverständigung und predigt auch nicht von der heilenden Kraft der Musik. Dafür ist dieser Film viel zu intelligent. Stattdessen erzählt er schlicht die Geschichte von Walter, den die Ereignisse plötzlich ins Leben zurück katapultieren. Nicht nur findet er ein Instrument, das ihn aufrüttelt und bewegt. Er findet in der zuerst losen und dann tiefen Freundschaft zu Tarek und seiner Mutter auch wieder zu Sinn und Gefühlen. Dass Leben und Erleben mit Risiken und Schmerz verbunden ist, verhehlt Regisseur Thomas McCarthy keine Sekunde. Entsprechend gibt es viele wunderbare und berührende Augenblicke im Alltag der Helden – ein Schifffahrt, ein Musical Abend, eine Drumsession – , aber kein erlösendes Happy Ending.

Keine Dunkelheit, kein Schlaf, keine Privatssphäre - Tarek droht in der Ausschaffungsanstalt den Verstand zu verlieren.

Dass wir mit Walter trotz seiner Reserviertheit so sehr mitfiebern, liegt an Richard Jenkins; wir haben ihn in unzähligen mehr oder weniger gelungen Produktionen in kleinen Rollen erlebt. Nun spielt aber endlich einmal die Hauptrolle und brilliert mit einer nuancierten, fast minimalistischen Darbietung: Jede seiner Bewegungen hat eine Bedeutung und führt dazu, dass dieser Charakter zu einer realen Persönlichkeit wird. Dass er in Hiam Abbass eine Partnerin hat, die ähnlich arbeitet und genau seiner Art entspricht, macht das Ganze nur noch sehenswerter.

The Visitor ist ein kleiner, grosser Film, den man uneingeschränkt empfehlen kann.

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