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15. Mai 2007, 00:00 Movie

2 Days in Paris

Christina Ruloff - „I hate Paris!“ Julie Delpys Regiedebüt erzählt von einem Amerikaner in Paris und seinem Kampf mit der obszönen und anarchistischen Grande Nation – Ein intellektueller Spass, der leider gegen Ende ins Ernsthafte kippt. 'They don't shoot people in France!' Nicht direkt,...

„I hate Paris!“ Julie Delpys Regiedebüt erzählt von einem Amerikaner in Paris und seinem Kampf mit der obszönen und anarchistischen Grande Nation – Ein intellektueller Spass, der leider gegen Ende ins Ernsthafte kippt.

'They don't shoot people in France!' Nicht direkt, aber...

„This is us!“, beginnt Marion zu erzählen und zeigt auf sich, eine fröhlich Französin, und ihren Freund Jack, New Yorker, übernervös, überheblich, unsicher, hypochondrisch. Auf dem Rückweg ihrer „romantischen“ Europareise nach Amerika machen sie einen zweitägigen Stopp bei Marions Eltern in Paris.

Vorerst befinden sie sich jedoch am Taxistand in der Banlieue – hinter einer riesigen Schlange unförmiger Amerikaner mit „Bush – Cheney 04“-Shirts, die in der Stadt der Liebe sind, um Dan Browns DaVinci-Code zu knacken und euphorisch mit ihrem Landsmann Jack plaudern. Und dieser nutzt die Chance, sich als „Pariskenner“ zu profilieren, und verspricht den Ahnungslosen den Louvre „gleich dahinten, um die Ecke!“ „They represent everything that’s wrong with America!“, kommentiert Jack und ist nun zuvorderst in der Taxischlange.

) ... aber muss das gleich die ganze Familie wissen?

Es ist der Auftakt eines irren und irrwitzigen Films, der dem Zuschauer mehr Geist und vor allem Lachen abfordert, als so manche vermeintliche Sommerkomödie. „We’re two years together, which is nowadays almost a miracle.“, kommentiert Marion, aber der Trip nach Paris wird ihre Beziehung mehr als nur auf die Probe stellen. Da sind nämlich neugierige, rassistische und geile Taxifahrer; ein Elternhaus von liberalen Späthippies, das alle bisherigen „Meet the parents“-Alpträume richtig bieder bürgerlich aussehen lässt; eine Horde von Exfreunden, die alle noch sehr intime Erinnerungen an Marion haben und sie eigentlich nicht mit dem „homie“ teilen wollen –

Und da ist vor allem Jacks Sprachbarriere (ausser „trä biä“ und „mörsi“ spricht und versteht er kein Wort), das ihn zu einem willigen, ja fast einladenden Opfer der Grande Nation macht. Hinter jedem Satz fürchtet er (nicht zu unrecht) eine mehrdeutige Anspielung oder Obszönität und glaubt bereits nach 24 Stunden, dass sich ganz Paris gegen ihn verschworen hat.

'Renoir ist ein grossartiger Schriftsteller!' - 'Äh, ist er nicht Maler?' - 'Diesesmal hast Du dir keinen vollkommenen Idioten ausgesucht.' Meet the parents auf französisch.

Julie Delpys Regiedebüt, in dem die grosse französische Schauspielerin (Before Sunrise, Trois Couleurs: Blanc) neben Adam Goldberg auch die Hauptrolle spielt, gehört über weite Strecken zu den amüsantesten Filmen seit langem. Natürlich übertreibt die Amerika - erprobte Drehbuchautorin und bemüht so ziemliches jedes Klischee über Frankreich und Amerika: Alle Franzosen denken ausnahmslos und ständig an Sex, sind nichtstuende Künstler und anarchistische Linksaktivisten à la José Bové oder gemeine Grossbürger im Stile Sarkozys. Man geht auf die neue Vernissage, die garantiert irgendwo einen Penis zeigt, hängt mit Freunden im Kaffee herum, lungert durch den Biomarkt oder streitet hysterisch für die Gerechtigkeit.

Von Ausländern und gar Amerikanern hält man nichts, weil sie beschränkt (Marions Papa fordert Jack zu einem Literaturquiz!), prüde und paranoid (Terror!) sind und sich zugleich aufführen, wie wenn sie die Welt im Griff hätten.

Für den (politisch) leidgeplagten Europäer sind solche grotesken Lächerlichkeiten und Verallgemeinerungen Balsam. Man weiss natürlich, dass das alles Unsinn und undifferenziert ist, könnte aber schwören, genau das so auch schon erlebt zu haben und amüsiert sich königlich. Leider fällt Frau Delpy gegen Ende ihres intellektuellen Spassfilmes kein versöhnlicher Gag mehr ein: Sie wird ernsthaft und was sie über Beziehungen zu sagen hat, ist traurig und zusammenhangslos.

Bewertung: 4 von 5

Das Interview mit Julie Delpy!

'Du hast mich zu dieser wunderbaren Puppe, meinem neusten Kunstwerk inspiriert!' Eine Liebeserklärung auf Französisch.

Originaltitel: 2 Days in Paris

Land: F

Genre: Komödie

Dauer: 93 Minuten

Regie: Julie Delpy

Darsteller: Julie Delpy, Adam Goldberg, Daniel Brühl

Verleih: Xenix Filmdistribution AG

Kinostart: 17.5.2007

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Quelle: Xenix
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