Interview mit Samy Deluxe
Daniela Marenah - Schon beim Soundcheck am frühen Abend schien es so, als hätten sich einige zwischenmenschliche Disharmonien in die Tsunami Band eingeschlichen. Zum Interview das students.ch zwischendurch mit Samy Deluxe führen konnte, erschien der Hamburger Rapper mit ganz kleinen Augen und w...
Was hat dich daran gereizt, ein Live-Album zu veröffentlichen?
SD: Ich hab so was noch nie gemacht und das war jetzt das erste Mal, dass es Sinn gemacht hat, ein Live-Album zu veröffentlichen, da ich das erste Mal mit Live-Band unterwegs bin und sich die Songs in der Live-Version wirklich noch mal extrem unterscheiden von der Original-Version. Wenn ich eben früher unterwegs war mit DJ dann hat der DJ eben die gleichen Beats, die auch auf der Platte sind, von CD oder von Computer oder Platte abgespielt und ich hab live drüber gerappt also wärs quasi noch mal das gleiche Album mit ein paar lauteren Stimmen gewesen. Und diesmal ist es wirklich ein komplett anderes Produkt. Gerade die Shows, die ich fürs Live-Album gewählt habe, da sind sogar die ganzen Bläsersätze und Streicher alle live, die hatte ich ja auch alle in Hamburg. Das war sehr viel grösser instrumentiert, als auf der Platte selber.
Inhaltlich unterscheiden sich Live-Platte und Studio-Album kaum. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Titel Weck Mich Auf, der sich durch die pessimistische Grundstimmung auszeichnet und somit stark von den anderen Songs abhebt. Warum nimmst du Weck Mich Auf jeweils trotzdem ins Live-Programm?
SD: Weil ich finde, es ist auch interessant eine Entwicklung zu sehen, weisst du? So kann man das ganze Programm bekommen: Samy mit Anfang 30 aber man kann auch sehen, was Anfang 20 so ging. Und es ist ein gutes Lied und es hat sehr viel wahre Aussagen drin es ist einfach nur so ne Grundherangehensweise, die sich ein bisschen geändert hat aber der Song fühlt sich live immer noch gut an. Weil er was auslöst.
Also textlich kannst du trotz Sinneswandel immer noch dahinter stehen?
SD: Ich hab auch danach, nach dem ganzen Dis Wo Ich Her Komm wieder einen Sinneswandel durchgemacht, weisst du? Ich glaube man kann nicht immer nur das eine oder das andere sein. Wie im Privatleben ist es auch mit Gesellschaftlichen Sachen. Manchmal findest du alles gut und denkst: "Ich hab voll die coolen Freunde" und dann streitest du dich mal mit dem einen und hast noch Stress mit dem andern dann denkst du du hast gar keine Freunde mehr. So ist es mit der Gesellschaft auch. Manchmal denkst du: "Es ist alles cool so und es geht voll voran und das hat total Potenzial hier" und dann bist du wieder mit irgendwelchen Idioten konfrontiert, die den Prozess erschweren und denkst: "Hier wird sich wirklich nie was ändern. Das sind doch alles nur Idioten und keiner versteht mich wirklich wie ich das meine."
Nebst dem Studio- und dem Live-Album, der Tour, der ZDF-Doku und dem Buch. Hast du da noch irgendwann mal frei?
Ja doch, ich nehm mir schon meine freien Abschnitte des Jahres. Auf jeden Fall. Muss Sein. Man kann nicht immer arbeiten. Aber ich mache meine Arbeit zum Glück gern deshalb arbeite ich auch gerne viel aber ich hab schon noch ein Privatleben. Nicht viel aber ein kleines.
Um gleich beim Privatleben zu bleiben: Du schreibst in deinem Buch, du möchtest demnächst noch mal in den Sudan zu deinem Vater reisen. Sind diese Pläne inzwischen schon etwas konkreter?
SD: Nee, nicht wirklich.
Kannst du das noch ein wenig kommentieren?
SD: Nee, nicht so richtig gerne.
Und was steht beruflich bei dir an?
SD: Ich bin gerade umgezogen und habe ausserhalb von Hamburg ein riesiges, altes Studio restauriert und eine Wohnung eingebaut und nehm da jetzt auf jeden Fall das ganze Jahr über mein neues Album auf. Ich hab bis jetzt schon viele Songs als Demos aufgenommen und würde die gerne ausproduzieren mit vielen Live-Musikern und Produzenten. Das kommt dann Anfang nächsten Jahres. Und dieses Jahr habe ich noch viele anstehende Projekte mit meinem Crossover-Verein (www.crossover-ev.de) und habe eine grosse Festival-Saison vor mir. Bin auf jeden Fall noch ein paar mal in der Schweiz dieses Jahr. Und ansonsten ähh...ich bin gerade echt noch so in diesem Unzugs-Ding. Bin jetzt gerade jeden Tag in so Möbelläden, weiss du und so...mache aber Abends immer Musik. Dann gibt’s auch wieder neue Buch-Projekte und neue TV-Projekte die im Gespräch sind. Aber diese Sachen werden dann eher nach dem Album nächstes Jahr passieren.
Das wäre gleich die nächste Frage gewesen: Wird es bei diesem einen Buch bleiben oder planst du jetzt noch eine Zweit- oder Drittkarriere als Schriftsteller?
SD: Ich seh das immer alles so als Projekte. Man hat entweder eine Karriere oder man hat keine. Ich finde, man kann nicht mehrere Karrieren haben, wenn du von deinem Namen lebst. Dann ist das keine Extra-Karriere, sondern es ist eine Extra-Sache, ein Medium, das ich nutzen kann um was auch immer ich in meinem Kopf hab mit den Leuten zu teilen, weisst du? Ich kann Musik machen oder ich kann mich vor eine Kamera stellen und über irgendwas reden oder ich kann eben Sachen schreiben, die dann reimunabhängig sind. Deshalb glaub ich schon, dass ich in Zukunft noch mal Bücher schreiben werd.
students.ch CD-Kritik:
Samy Deluxe - Dis Wo Ich Her Komm
students.ch Konzert-Review:
Samy Deluxe @ Kofmehl (10.4.2010)