Magazin durchsuchen

Neuste Blogs

7. August 2012, 00:00 students.ch Movie

Kino: Prometheus – Dunkle Zeichen

Gregor Schenker - Nach über dreissig Jahren kehrt Ridley Scott zu den Aliens zurück, die er auf die Leinwand gebracht hat. Das Ergebnis ist ein ganz neuer, faszinierender Blick auf die Hintergründe der unheimlichsten Monster der Filmgeschichte. Ein neuer Klassiker ist "Prometheus" trotzdem nicht geworden.

Zu den eindrücklichsten Bildern der Filmgeschichte gehört der von H.R. Giger entworfene ausserirdische Pilot in Alien. Damals reagierten die Protagonisten auf einen Notruf, der sie zu einem abgestürzten fremdartigen Raumschiff führte. An dessen Steuer fanden sie die skelettierten Überreste des riesigen sogenannten Space Jockeys. Für seinen Tod waren die gefährlichen Killer-Aliens verantwortlich, die bald auch den Menschen Probleme bereiten sollten.

Während besagte Killer (auch Xenomorphe genannt) in mindestens sechs weiteren Filmen auftauchten, hat man nie wieder etwas von den Space Jockeys gehört oder gesehen. Aber wer waren sie? Woher kamen sie? Und was haben sie mit den tödlichen Räubern zu tun?

Mehr als dreissig Jahre, nachdem er Alien inszeniert hat, kehrt Ridley Scott zurück zur Reihe, um uns die Hintergründe der Space Jockeys nachzuliefern. Man könnte sich fragen, ob es wirklich nötig war, ihr Geheimnis zu lüften. Und ob Scott damit nicht unnötig eine Entmystifizierung betreibt. Doch tatsächlich ist das Ergebnis eine faszinierende, unerwartete Erweiterung der Alien-Mythologie, die manches in ein ganz anderes Licht setzt. Die Xenomorphen erscheinen nun als Teil einer viel grösseren Geschichte. Prometheus eröffnet einen Rahmen, den er noch nicht einmal im Ansatz absteckt, und mit jeder beantworteten Frage tut sich eine weitere auf.

Kein Wunder also, dass der Film mit einem offenen Ende schliesst. Wollen wir hoffen, dass der kommerzielle Erfolg die offensichtlich geplante Fortsetzung (oder die Fortsetzungen) ermöglicht. Denn im Gegensatz zu Scotts drögem Robin Hood ist Prometheus interessant genug, um wissen zu wollen, wie es weitergeht.

Konsequenterweise spielen die Xenomorphen eine untergeordnete Rolle, auch wenn Prometheus über weite Strecken wie der Klassiker von 1979 abläuft: Menschen begeben sich auf eine fremde Welt und erkennen Schritt für Schritt, in was für einen Schlamassel sie eigentlich geraten sind. Die Spannung steigt und steigt, bis sich in einem furiosen Finale die Ereignisse überschlagen. Blut fliesst, Leute sterben. Scott beherrscht sein Handwerkszeug noch. Und dabei habe ich noch gar nicht die fantastischen Bilder oder die ergreifende Filmmusik erwähnt.

Ist es da überhaupt wichtig, was für Menschen in den erwähnten Schlamassel gezogen werden? Die Handlung beginnt jedenfalls mit den Archäologen Charlie (Logan Marshall-Green) und Elizabeth (Noomi Rapace), die weltweit auf verschiedenen Höhlenmalereien Sternenkarten finden, die zu einem weit entfernten Planeten weisen (Erich von Däniken lässt grüssen). Der Firmenmogul Peter Weyland (Guy Pearce) finanziert eine Weltraummission dorthin. Charlie und Elizabeth glauben, dass sie dort nicht nur eine ausserirdische Rasse, sondern auch die Schöpfer der Menschheit treffen werden. Weshalb sie das glauben, bleibt rätselhaft. Elizabeths Erklärung: "Weil ich mich dazu entschieden habe, es zu glauben." Was auch immer das heissen soll.

Ebenso rätselhaft bleibt, weshalb man auf eine Mission wie diese einen Kartografen schickt, der so asozial wie inkompetent ist (wenn er nicht seine Kollegen beleidigt, verläuft er sich in den Gängen, die er eben noch vermessen hat). Oder wieso die Firmenvertreterin Meredith Vickers (Charlize Theron) sich auf dem Raumschiff eine Bar mit Aussicht einrichtet – müssen die nicht mit Ressourcen sparen? Oder wieso der Käpitan (Idris Elba) nichts als Sex im Kopf hat. Oder wieso Elizabeth rumheult, weil sie unfruchtbar ist. Oder wieso sich Charlie bei der erstbesten Gelegenheit besäuft.

Die Wahrheit ist: Sämtliche menschliche Protagonisten in Prometheus sind entweder Idioten oder Arschlöcher oder beides. Verblödete Pappnasen, die man kaum erträgt, bis sie mit dem Sterben dran sind. Selbst die potentiell interessanten religiösen Untertöne (kann man noch an Gott glauben, wenn Aliens die Menschheit geschaffen haben?) bleiben seltsam unterentwickelt und tun nicht wirklich etwas zur Sache. Sie stellen bloss die Protagonisten als noch dümmer hin (siehe Elizabeth).
Einziger Lichtblick ist Michael Fassbender in der Rolle des Androiden David; er allein ist glaubwürdig, sympathisch und mehrschichtig. Und das ist tragisch, denn die nervtötenden Protagonisten ziehen einen Film runter, der ansonsten das Zeug zu einem echten Klassiker gehabt hätte.


Bewertung: 3 von 5


  • Titel: Prometheus
  • Land: USA
  • Regie: Ridley Scott
  • Darsteller: Michael Fassbender, Noomi Rapace, Charlize Theron
  • Verleih: Warner Bros.
  • Start: 9. August 2012
Fotos von Twentieth Century Fox
Kommentare
Login oder Registrieren
Tags
, Kino, Kritik