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20. November 2009, 20:10 CD / Vinyl Kultur Music

The Bad Girl Plays It Safe

Marius von Holleben - Monatelang bastelte unser sexy Karibikschatz an ihrem neuen Image. Nach SM-Lederkorsett Eskapaden und einem Gothic-Nieten Overkill irritierte Rihanna zuletzt bei Chanels Scheunenshow in zu klein geratenem Büstier und mit Marmorkuchenhaarpracht. Zwischen die gewöhnlichen Lobeshy...

Monatelang bastelte unser sexy Karibikschatz an ihrem neuen Image. Nach SM-Lederkorsett Eskapaden und einem Gothic-Nieten Overkill irritierte Rihanna zuletzt bei Chanels Scheunenshow in zu klein geratenem Büstier und mit Marmorkuchenhaarpracht. Zwischen die gewöhnlichen Lobeshymnen streuten sich immer öfters zweifelnde Kommentare. Es ist eine Balanceakt, ein Prozess anhaltender Gradwanderung, das Image der omnierotischen, stilprägenden und meistbegehrten Frau des neuen Jahrhunderts aufrechtzuerhalten

Der Preis für die Schlagzeilenhoheit ist hoch. Immer drastischere Mittel müssen ergriffen und schrägere Outfits kreiert werden um das reizüberflutete Publikum bei Laune zu halten. Der Gewöhnungseffekt ist der ärgste Feind. Parallelen zu Madonna scheinen sich aufzudrängen. Wie auch schon für Mama Pop, gilt für Rihanna das Prinzip des Absolutismus. Alles oder nichts, musikalisch und modisch müssen immer neue Stilwelten erschaffen werden. Nur so wird Frau zur Ikone - Anecken gehört dazu.

Mit dem dritten Langspieler folgt dem erschöpfenden Fashionkampf nun die musikalische Verarbeitung der vergangenen Monate.

Ich sitze in der Universitätsbibliothek und habe die Panzerheadphones übergezogen. Bereit für den nächsten Akt moderner Musikgeschichte spitze ich die Öhrchen. Texte interessieren nicht, heute geht es nur um den Sound. Und es geht frech los. Das Intro Mad House feuert grossartig verzögerten Dub-Bass aus allen Rohren. Gerade angefixt, brummt mit Wait Your Turn die nächste Elektrowelle los. Ich will nur noch meinen Kram eintüten und auf die Tanzbretter – sofort.

Doch auf einmal fängt der avantgardistische Soundpanzer an zu stottern und säuft kurz später ab. Ab Song Vier geht’s in den Pop-Stiefelchen weiter. Die Enttäuschung ist gross. Ich skippe weiter und weiter und bekomme den Blues. Müdegehörte Popballaden und halbgare RnB-Stückchen verderben mir den Appetit. Es dauert geschlagene 20 Minuten und sechs Songs bevor ich wieder aus dem Dämmerzustand erwache. Zwar weniger laut, doch wunderbar eigenständig klingt Photographs. Musikalisch haben wir uns inzwischen weit von der anfänglichen Wucht entfernt, doch der eingängige Upbeat und Will.I.am´s charmanter Gesang verhelfen dem Album zu einem weiteren Höhepunkt. Popmusik auf ganz hohem Niveau.

Danach ist Schluss, zumindest für mich. Song 10, 11, 12 und 13 braucht kein Mensch. Einzig der überraschend sphärisch klingende Synthesizer-Dancehallbeat von Te Amo lohnt noch. Ich bin also durch und weis nicht so recht was zu sagen. Sicher keine Zäsur, nicht einmal eine besonders grosse Weiterentwicklung ist Rated R. Drei bis vier Songs bleiben wirklich hängen. Nur hier kann man erahnen zu was Rihanna tatsächlich fähig wäre, gäbe es nicht kommerziellen Druck und ein weltweites Publikum zu befriedigen. Zu süss muss der sichere Erfolg gelockt haben...So bleibt ein Haufen popmusikalischen Füllmaterials, in dem die glitzernde Sound-Perlen allerdings umso heller scheinen.

Kommentare
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BeijaFlor
BeijaFlor 21.11.2009 um 01:50
Gueti Rezension- Respect!