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12. Februar 2008, 15:41 Movie Music

I'm not there

Christina Ruloff - Viel Lärm um nichts: Todd Haynes schafft mit viel pseudotiefsinnigem Brimborium eine etwas kindische Collage, die uns lehrt, dass wir Bob Dylan nie verstehen werden. Das Time Magazine hat kürzlich einen Frontangriff auf die französische Kultur gestartet, die angeblich nicht me...

Viel Lärm um nichts: Todd Haynes schafft mit viel pseudotiefsinnigem Brimborium eine etwas kindische Collage, die uns lehrt, dass wir Bob Dylan nie verstehen werden.

Das Time Magazine hat kürzlich einen Frontangriff auf die französische Kultur gestartet, die angeblich nicht mehr existent ist oder deren Exponenten zumindest stark zu wünschen übrig lassen. Wenn man den Spiess umdreht und nach bedeutender amerikanischer Kultur oder Kunst fahndet, schweigt des Sängers Höflichkeit. Aber auf einen Mann ist Verlass: Robert Zimmerman alias Bob Dylan. Das Schöne an der amerikanischen Folk- und Rocklegende ist wohl, dass kaum jemand sich anmassen würde, seine Kunst zu erklären oder gar zu hinterfragen. Unzählige Forscher und Dylanisten haben sich in kiloweise angehäuften Dissertationen und Aufsätzen mit dem Phänomen Dylan geplagt, Symposien und Konferenzen abgehalten nur um zum Schluss des „einfachen“ Musikhörers zu gelangen... dass Bob Dylan kaum zu fassen ist.

"It's chaos, it's clocks, it's watermelons, it's everything. " Dylan und Allen Ginsberg philosophieren die Welt zurecht.

Todd Haynes (Far From Heaven) weiss dies natürlich, gerade als Dylan-Fan. Daher geht es ihm in seinem Dylan Tribute mit dem bezeichnenden Namen I’m not there (natürlich Titel eines wenig bekannten Dylan-Liedes) weniger darum, ein Porträt oder eine Biographie zu zeichnen, als die verschiedenen, fast gegensätzlichen Facetten des frühen Dylan aufzuzeigen. Hierzu verwendet er sechs verschiedene Schauspieler, die unter einem Pseudonym agieren – der Name Dylan wird im ganzen Film mit keiner Silbe erwähnt. Während der elfjährige schwarze Junge Woodie Dylan als Verehrer und Erbe des grossen Woodie Guthrie zeigt, verkörpert Christian Bale den aufsteigenden Folkstar, der mit Protestsongs den Zeitgeist der sechziger Jahre spiegelt und die Menschen aufrüttelt. Sein Alter Ego ist ein frauenverachtender, fatalistischer und egomaner Schauspieler (Heath Ledger). Im Zentrum des Films steht aber der „elektronische Dylan“, der mit den Publikumserwartungen und dem Messias-Image bricht, Journalisten mit surrealistischen Bildern und sinnlosen Kommentaren irreführt und vor allem sich selbst sucht. Er wird eindrücklich von Cate Blanchett gegeben. Irgendwann taucht aber Richard Gere auf, der hoch zu Ross in einem zigeunerartigen Wildwest-Kaff den reifen Outlaw in Dylan mimt und Lebensweisheiten von sich gibt: „It takes a thief to catch a thief.“

Was hat hier eigentlich Richard Gere verloren? Ja, er reitet und spricht mit Hunden und guckt überhaupt sehr verständnisvoll. Aber ist er Dylan?

Spätestens hier, nach 90 Minuten, fängt auch der interessierteste und geduldigste Zuschauer an, Zweifel an Haynes ambitioniertem Art-Projekt zu hegen, das nach dem albernen Collage-Prinzip vorgeht, die verschiedenen Dylans fröhlich und zusammenhanglos gegeneinander schneidet, Dylan-Songs und Covers einspielt und das Ganze gewollt mit Dokumentaraufnahmen von politischen Grössen der Zeit spickt. „It's like you got yesterday, today and tomorrow, all in the same room. There's no telling what can happen.“, erzählt Gere mit der väterlichen Stimme des alten Freundes, der einen zur Seite nimmt und einen in die grossen Geheimnisse des Lebens einweiht. Nur ist nach 133 sehr anstrengenden Minuten überhaupt nichts klarer, und das liegt nicht nur an der komplexen Persönlichkeit Dylans und den unzureichenden Dylan-Kenntnissen der Zuschauerin. Es liegt vor allem an Haynes, der sich dem Maestro mit der Attitüde eines bewundernden Fans nähert und nicht den Mut hat, sich zu irgendeiner Aussage durchzuringen, abgesehen von der, dass wir Dylan ohnehin nie verstehen werden.

Bewertung: 2 von 5

Heath Ledger in seiner vorletzten Rollen als Alter Ego Dylans plagt die bedauernswerte Charlotte Gainsbourg; eine freud- und sinnlose Angelegenheit.

  • Originaltitel: I’m not there
  • Land: USA
  • Dauer: 133 Minuten
  • Regisseur: Todd Haynes
  • Darsteller: Cate Blanchett, Richard Gere, Christian Bale, Heath Ledger
  • Verleih: Filmcoopi
  • Erscheinungsdatum: 14. Feburar
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